Rechtsanwalt München

Eigenhändig ist eigenhändig: Auch ein mit der ungeübten Hand unterschriebenes Testament kann gültig sein

[:de]Handschriftliche Testamente unterliegen strengen Wirksamkeitsvorschriften und werden in der Praxis häufig angegriffen, sobald die Erben mit dem Inhalt unzufrieden sind.

Ein an Krebs erkrankter Mann hatte Lähmungserscheinungen in seiner rechten Hand. Er unterzeichnete daher sein handschriftliches Testament, in dem er seine Nachbarn als Erben einsetzte, als Rechtshänder mit seiner ungeübten, linken Hand. Seine Verwandten waren daher der Meinung, dass das Testament unwirksam sei und sie aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zu Erben wurden.

Das Oberlandesgericht Köln (OLG) holte mehrere Sachverständigengutachten ein und befragte zudem einen Zeugen, der bei der Unterzeichnung anwesend war. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Erblasser selbst unterschrieben hatte – mit jener Hand, die er in gesundem Zustand nicht zum Schreiben gewählt hätte. Das OLG stellte daher klar, dass auch ein mit der ungeübten Hand geschriebenes Testament gültig ist.

Hinweis: Gerade in Situationen, in denen die Wirksamkeit eines Testaments aufgrund von Erkrankungen angezweifelt werden kann, empfiehlt es sich, zur Absicherung entweder verlässliche und unbeteiligte Zeugen bei der Errichtung hinzuzuziehen oder ein notarielles Testament zu errichten.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 03.08.2017 – 2 Wx 169/17

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Handschriftliche Testamente unterliegen strengen Wirksamkeitsvorschriften und werden in der Praxis häufig angegriffen, sobald die Erben mit dem Inhalt unzufrieden sind.


Ein an Krebs erkrankter Mann hatte Lähmungserscheinungen in seiner rechten Hand. Er unterzeichnete daher sein handschriftliches Testament, in dem er seine Nachbarn als Erben einsetzte, als Rechtshänder mit seiner ungeübten, linken Hand. Seine Verwandten waren daher der Meinung, dass das Testament unwirksam sei und sie aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zu Erben wurden.


Das Oberlandesgericht Köln (OLG) holte mehrere Sachverständigengutachten ein und befragte zudem einen Zeugen, der bei der Unterzeichnung anwesend war. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Erblasser selbst unterschrieben hatte – mit jener Hand, die er in gesundem Zustand nicht zum Schreiben gewählt hätte. Das OLG stellte daher klar, dass auch ein mit der ungeübten Hand geschriebenes Testament gültig ist.


Hinweis: Gerade in Situationen, in denen die Wirksamkeit eines Testaments aufgrund von Erkrankungen angezweifelt werden kann, empfiehlt es sich, zur Absicherung entweder verlässliche und unbeteiligte Zeugen bei der Errichtung hinzuzuziehen oder ein notarielles Testament zu errichten.



Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 03.08.2017 – 2 Wx 169/17

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Pflichtteilsfragen im Scheidungsfall: Keine Auskunftsrechte für Gläubiger eines Pflichtteilsberechtigten vor Eintritt des Erbfalls

Zur Ermittlung der Höhe des Pflichtteils stehen dem Betroffenen verschiedene Rechte zu, etwa ein Auskunftsanspruch gegen den Erben oder auch das Recht auf Grundbucheinsicht. Von wem, wann und wie diese Rechte jedoch ausgeübt werden können, ist immer wieder der Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten.


Eine Frau versuchte, im Rahmen eines Scheidungsverfahrens zu ermitteln, wie groß das Vermögen ihres (Noch-)Ehemannes sei. Da sie wusste, dass dieser seine hochbetagte Mutter – Eigentümerin mehrerer Immobilien – beerben würde, versuchte sie, Einsicht ins Grundbuch zu nehmen, um den Wert dieser Immobilien zu ermitteln. Als dies vom Grundbuchamt abgelehnt wurde, ging die Frau dagegen gerichtlich vor.


Das Gericht wies darauf hin, dass für die Grundbucheinsicht ein berechtigtes Interesse vorliegen muss. Pflichtteilsberechtigte haben nach allgemeiner Ansicht erst nach dem Eintritt des Erbfalls ein solches berechtigtes Interesse. Das Gericht stellte ferner klar, dass selbst der Pflichtteilsberechtigte zu Lebzeiten des Erblassers kein Recht auf Grundbucheinsicht hat – ein Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten somit erst recht nicht.


Hinweis: Durch die Einsicht ins Grundbuch erhält man Informationen über Eigentumsverhältnisse, eventuelle Belastungen des Grundstücks wie Grundschulden und Hypotheken. Diese Informationen sind für die Wertermittlung entscheidend. Der Pflichtteilsberechtigte kann sich diese Informationen zwar mithilfe des Auskunftsanspruchs direkt vom Erben holen, muss sich aber nicht darauf verlassen, sondern kann zusätzlich auch selbst Einsicht ins Grundbuch nehmen. Diese Rechte stehen dem Pflichtteilsberechtigten jedoch erst nach dem Tod des Erblassers zu.



Quelle: OLG München, Beschl. v. 17.03.2013 – 34 Wx 282/13

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Pflichtteilsverzicht gegen Abfindung: Bei geschwisterlicher Regelung zur Lebzeit der Erblasser ist steuerrechtlich Vorsicht geboten

[:de]Um Streitigkeiten und Aufteilungsschwierigkeiten zu vermeiden, werden häufig Vereinbarungen zwischen den gesetzlichen Erben dahingehend getroffen, dass auf den Pflichtteil gegen eine Abfindung verzichtet wird. Doch Vorsicht: Dabei sind auch die steuerlichen Konsequenzen zu beachten.

Ein Mann verzichtete für den Fall, dass er durch eine letztwillige Verfügung von der Erbfolge nach seiner Mutter ausgeschlossen wird, gegenüber seinen drei Brüdern auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs. Im Gegenzug zahlten ihm die drei Brüder jeweils eine Abfindung von 150.000 EUR. Nun stellte sich die Frage, wie diese Abfindungen zu versteuern sind.

Der Bundesfinanzhof (BFH) stellte in diesem Zusammenhang klar, dass es sich dabei um eine Zuwendung zwischen Geschwistern handelt – und nicht um eine Zuwendung an ein Kind. Somit kommt in Fällen wie diesem die ungünstigere Steuerklasse II zum Tragen, was einen geringeren Freibetrag und einen höheren Steuersatz nach sich zieht als bei Zuwendungen zwischen Eltern und Kind.

Hinweis: Der BFH hat damit seine bisherige Rechtsprechung geändert. Dies führt bei einer Abfindung bei Pflichtteilsverzicht, der zwischen Geschwistern noch zu Lebzeiten des Erblassers vereinbart wird, meist zu einer höheren Steuerbelastung als bei einer Vereinbarung nach dem Erbfall. Bevor solche Vereinbarungen geschlossen werden, sollte also sachkundiger Rat eingeholt werden.

Quelle: BFH, Urt. v. 10.05.2017 – II R 25/15

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Um Streitigkeiten und Aufteilungsschwierigkeiten zu vermeiden, werden häufig Vereinbarungen zwischen den gesetzlichen Erben dahingehend getroffen, dass auf den Pflichtteil gegen eine Abfindung verzichtet wird. Doch Vorsicht: Dabei sind auch die steuerlichen Konsequenzen zu beachten.


Ein Mann verzichtete für den Fall, dass er durch eine letztwillige Verfügung von der Erbfolge nach seiner Mutter ausgeschlossen wird, gegenüber seinen drei Brüdern auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs. Im Gegenzug zahlten ihm die drei Brüder jeweils eine Abfindung von 150.000 EUR. Nun stellte sich die Frage, wie diese Abfindungen zu versteuern sind.


Der Bundesfinanzhof (BFH) stellte in diesem Zusammenhang klar, dass es sich dabei um eine Zuwendung zwischen Geschwistern handelt – und nicht um eine Zuwendung an ein Kind. Somit kommt in Fällen wie diesem die ungünstigere Steuerklasse II zum Tragen, was einen geringeren Freibetrag und einen höheren Steuersatz nach sich zieht als bei Zuwendungen zwischen Eltern und Kind.


Hinweis: Der BFH hat damit seine bisherige Rechtsprechung geändert. Dies führt bei einer Abfindung bei Pflichtteilsverzicht, der zwischen Geschwistern noch zu Lebzeiten des Erblassers vereinbart wird, meist zu einer höheren Steuerbelastung als bei einer Vereinbarung nach dem Erbfall. Bevor solche Vereinbarungen geschlossen werden, sollte also sachkundiger Rat eingeholt werden.



Quelle: BFH, Urt. v. 10.05.2017 – II R 25/15

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Auslegung eines Testaments: Die vage Formulierung "für einen guten Zweck" reicht nicht für eine Erbeinsetzung aus

Unklare Formulierungen in Testamenten führen immer wieder zu Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen.


Eine kinderlos und verwitwet verstorbene Frau hatte in ihrem Testament bestimmt, dass mehrere größere Geldbeträge Verwandten zukommen sollen. Das Testament enthielt zudem die Anweisung: „Mein Vermögen soll in eine Stiftung für einen guten Zweck eingehen und ein Teil zur Sanierung eines sakralen Baues.“ Die Gemeinde, in der die Frau zuletzt gewohnt hatte, machte nun geltend, dass sie dadurch zur Erbin eingesetzt worden war.


Das Gericht lehnte dies jedoch ab. Es führte aus, dass die Formulierung so vage und ungenau war, dass sich daraus keine Erbeinsetzung ableiten ließe. Selbst mithilfe einer ergänzenden Auslegung des Testaments lässt sich nicht bestimmen, welche „Stiftung für einen guten Zweck“ von der Erblasserin gemeint war.


Hinweis: Grundsätzlich ist es unzulässig, die Bestimmung des Erben in einem Testament einem Dritten zu überlassen. Das ist nur dann möglich, wenn dieser Dritte klar benannt ist und durch den Erblasser ein begrenzter Personenkreis sowie klare und nachvollziehbare Kriterien für die Bestimmung des Erben vorgegeben wurden. Ein Erbe muss im Testament zwar nicht namentlich benannt, aber so genau umschrieben werden, dass für eine Willkür kein Raum bleibt. Auch die Auslegung des Testaments durch das Gericht hilft in so einem Fall nicht weiter, denn der Erblasser muss wenigstens das Ziel der Zuwendung irgendwie zum Ausdruck gebracht haben. Die Gerichte dürfen nicht etwas in ein Testament hineinlesen, das dort nicht angelegt ist. Sofern sich der Erblasser nicht festlegen möchte, hilft es nur, statt einer Erbeinsetzung „Vermächtnisse“ anzuordnen, da für diese das Verbot der Bestimmung durch Dritte nicht gilt.



Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.07.2017 – 20 W 343/15

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Trennung nichtehelicher Eltern: Nur bei für das Kind unzumutbaren Nachteilen ist eine Namensänderung möglich

Die Zahl der Patchworkfamilien nimmt zu. Damit einher geht zunehmend, dass die einzelnen Mitglieder einer unter einem Dach lebenden Familie verschiedene Nachnamen haben. Wer sich fragt, ob und wie sich das ändern lässt, den sollte der folgende Fall besonders interessieren. Denn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz belegt, dass die Namensänderung nur nach Überwindung hoher Hürden möglich ist.


Das war passiert: Ein Mädchen kam nichtehelich zur Welt, und die Eltern bestimmten zum Familiennamen des Kindes die Nachnamen beider Elternteile. Doch dann trennten sich der aus Kenia stammende Vater und die deutsche Mutter. Das Kind lebte mit der Mutter und seinen drei älteren Geschwistern zusammen, wobei die Geschwister aus der ersten Ehe der Frau stammen und den Nachnamen ihrer Mutter tragen. Diese beantragte nun, dass ihre vierte Tochter künftig auch nur noch ihren Nachnamen anstelle des Doppelnamens tragen solle. Der Vater widersprach.


Die Klage wurde abgewiesen. Die Mutter war zwar allein sorgeberechtigt. Eine Namensänderung setzt aber stets voraus, dass dazu ein wichtiger Grund vorliegt. Und hierbei geht es ums juristische Detail: Es reicht nicht etwa aus, dass die Änderung dem Kindeswohl nicht widerspricht; sie muss für das Wohl des Kindes vielmehr erforderlich sein. Das würde hier also bedeuten, dass die Beibehaltung des bisherigen Nachnamens eventuell schwerwiegende Nachteile für die Tochter zur Folge haben müsste. Alternativ ist dabei zu fragen, ob die Änderung für das Kind wirkliche Vorteile nach sich zieht, wegen derer die Beibehaltung des aktuellen Namens unzumutbar wäre. Allein der Wunsch des Kindes oder der Mutter oder der sonstigen Familienmitglieder nach einer Namensänderung – etwa damit alle denselben Namen tragen – reicht in diesem Zusammenhang nicht aus. Auch einfache Hänseleien des Kindes durch andere Kinder oder durch das sonstige Umfeld fallen hier nicht entscheidend ins Gewicht. Also wurde dem Begehren der Mutter hier folgerichtig nicht entsprochen.


Hinweis: Chancen, einen Änderungsantrag erfolgreich beschieden zu bekommen, hätten bestanden, wenn der Kindesvater unbekannten Aufenthalts gewesen wäre oder keinerlei Kontakte bzw. keine tatsächliche Beziehung bestanden hätten.



Quelle: VG Koblenz, Urt. v. 18.07.2017 – 1 K 759/16.KO

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Draußen ist draußen: Der nach der Trennung ausgezogene Ehegatte darf nicht nach Belieben ein- und ausgehen

Sobald Ehegatten sich trennen, ist der Auszug eines der Ehegatten die Regel. Ob dieser nach seinem Auszug wieder in die Wohnung bzw. das Haus kommen oder der andere ihm dieses verwehren und sogar Schlösser auswechseln darf, beschäftigte hier das Oberlandesgericht Bremen (OLG).


Die Frau war ausgezogen, der Mann im Haus verblieben. Die Frau wollte das Haus mit möglichst guten Erlös freihändig verkaufen. Der Mann aber verweigerte seine Mitwirkung und leitete selber die Teilungsversteigerung des Grundstücks ein. Die Frau wollte daraufhin das Haus durch einen Makler bewerten lassen, woraufhin der Mann diesem den Zutritt verweigerte. Auf die Frage, ob die Frau nach ihrem Auszug noch das Recht habe, das Haus (selber oder durch einen Dritten, hier den Makler) zu betreten, beantwortete das OLG nun mit einem klaren Nein – sofern kein besonderer Grund für dieses Begehren bestünde.


Mit dem endgültigen Verlassen des bisher gemeinsam bewohnten Hauses (oder der Wohnung) verliert der ausziehende Ehegatte das Recht, es ohne Zustimmung des dort verbliebenen Ehegatten wieder zu betreten. Eigentumsverhältnisse spielen hierbei keine Rolle. Selbst wenn die Frau Alleineigentümerin des Hauses gewesen wäre, hätte sie also nicht ohne weiteres verlangen können, das Haus betreten zu dürfen (etwa, um dort ganz einfach mal nach dem Rechten zu sehen).


Liegen besondere Gründe vor, kann anderes gelten. Damit hatte sich das Gericht aber nicht zu befassen, denn der Wunsch, das Haus zum Zweck der Bewertung zu betreten, ist keiner dieser besonderen Gründe.


Hinweis: Insbesondere wenn Ehegatten Kinder haben, geht der ausgezogene Ehegatte oft noch mehr oder weniger beliebig und selbstverständlich im Familienheim ein und aus, zumal er häufig dort noch Sachen seines persönlichen Bedarfs hat und sich irgendwie dort doch noch „zu Hause“ fühlt. Das kann hingenommen werden – muss aber nicht! Um zur Ruhe zu kommen, ist es sinnvoll, sich den Schlüssel geben zu lassen und bei Weigerung die Schlösser zu wechseln.



Quelle: OLG Bremen, Beschl. v. 22.08.2017 – 5 WF 62/17

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Transsexueller gebiert Kind: Ein Kind hat Anspruch auf die klare Zuordnung einer leiblichen Mutter

[:de]Das Gesetz sagt in einer sehr kurzen Regelung: „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“ Jedenfalls sprachlich wird dabei davon ausgegangen, dass nur eine Frau ein Kind gebären kann. Was aber ist, wenn nach dem Transsexuellengesetz jemand einerseits rechtlich als dem männlichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist und andererseits ein Kind zur Welt bringt? Diese Problematik beschäftigte nun auch den Bundesgerichtshof (BGH).

Ein Kind kam als Frau zur Welt und bekam einen weiblichen Vornamen. Als erwachsene Frau heiratete sie. Ihren Namen ließ sie in der weiteren Folge in einen männlichen Vornamen ändern. Mit 29 Jahren wurde schließlich gerichtlich festgestellt, dass sie als dem männlichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist. Die Ehe wurde geschieden. Der Frau-zu-Mann-Transsexuelle setzte die Hormone ab, wurde dadurch wieder fruchtbar und mittels einer Samenspende (der sogenannten Bechermethode) erneut schwanger. Er gebar einen Sohn.

Der Frau-zu-Mann-Transsexuelle begehrte daraufhin, im Geburtsregister und der Geburtsurkunde des Kindes als Vater mit seinem männlichen Vornamen eingetragen zu werden. Der Antrag wurde in einer umfangreich begründeten Entscheidung abgewiesen. Er ist mit seinem ehemaligen weiblichen Vornamen als Mutter einzutragen.

Maßgeblich stellt der BGH darauf ab, dass der Gesetzgeber sicherstellen will, dass jedes Kind einen Vater hat, der das Kind zeugte, und eine Mutter, die es geboren hat. Daran ändert auch das Transsexuellengesetz nichts. Wer ein Kind zur Welt bringt, kann deshalb nur Mutter sein – und nicht Vater. Ob es zu einer Geschlechtsumwandlung gekommen ist, bleibt dabei unerheblich. Der BGH nimmt auf die gesetzlichen Regelungen und vor allem die dahinter stehenden Wertvorstellungen nicht nur Bezug, er übernimmt sie auch und macht sie sich zu eigen, d.h., er stimmt ihnen ausdrücklich zu und stellt sie nicht in Frage.

Hinweis: Der BGH hat die Interessenlage des Frau-zu-Mann-Transsexuellen und die des Kindes wertfrei gesehen und dabei dem Anspruch des Kindes auf klare Zuordnung einer leiblichen Mutter den Vorrang gegeben.

Quelle: BGH, Beschl. v. 06.09.2017 – XII ZB 660/14

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Das Gesetz sagt in einer sehr kurzen Regelung: „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“ Jedenfalls sprachlich wird dabei davon ausgegangen, dass nur eine Frau ein Kind gebären kann. Was aber ist, wenn nach dem Transsexuellengesetz jemand einerseits rechtlich als dem männlichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist und andererseits ein Kind zur Welt bringt? Diese Problematik beschäftigte nun auch den Bundesgerichtshof (BGH).


Ein Kind kam als Frau zur Welt und bekam einen weiblichen Vornamen. Als erwachsene Frau heiratete sie. Ihren Namen ließ sie in der weiteren Folge in einen männlichen Vornamen ändern. Mit 29 Jahren wurde schließlich gerichtlich festgestellt, dass sie als dem männlichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist. Die Ehe wurde geschieden. Der Frau-zu-Mann-Transsexuelle setzte die Hormone ab, wurde dadurch wieder fruchtbar und mittels einer Samenspende (der sogenannten Bechermethode) erneut schwanger. Er gebar einen Sohn.


Der Frau-zu-Mann-Transsexuelle begehrte daraufhin, im Geburtsregister und der Geburtsurkunde des Kindes als Vater mit seinem männlichen Vornamen eingetragen zu werden. Der Antrag wurde in einer umfangreich begründeten Entscheidung abgewiesen. Er ist mit seinem ehemaligen weiblichen Vornamen als Mutter einzutragen.


Maßgeblich stellt der BGH darauf ab, dass der Gesetzgeber sicherstellen will, dass jedes Kind einen Vater hat, der das Kind zeugte, und eine Mutter, die es geboren hat. Daran ändert auch das Transsexuellengesetz nichts. Wer ein Kind zur Welt bringt, kann deshalb nur Mutter sein – und nicht Vater. Ob es zu einer Geschlechtsumwandlung gekommen ist, bleibt dabei unerheblich. Der BGH nimmt auf die gesetzlichen Regelungen und vor allem die dahinter stehenden Wertvorstellungen nicht nur Bezug, er übernimmt sie auch und macht sie sich zu eigen, d.h., er stimmt ihnen ausdrücklich zu und stellt sie nicht in Frage.


Hinweis: Der BGH hat die Interessenlage des Frau-zu-Mann-Transsexuellen und die des Kindes wertfrei gesehen und dabei dem Anspruch des Kindes auf klare Zuordnung einer leiblichen Mutter den Vorrang gegeben.



Quelle: BGH, Beschl. v. 06.09.2017 – XII ZB 660/14

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(aus: Ausgabe 12/2017)

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Erwachsenwerden mit Umwegen: Schwangerschaft und Studiengangwechsel lassen Elternunterhalt nicht automatisch entfallen

[:de]Eltern wünschen sind gesunde Kinder, die „glatt“ durch die Schule laufen, einen Berufsweg einschlagen und diesen dann auch erfolgreich meistern. Die Realität sieht oft anders aus. Inwieweit es Eltern mitzutragen haben, dass die berufliche Laufbahn des Nachwuchses aus zahlreichen Sackgassen und Umleitungen besteht, hatte das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) zu beantworten.

Im Alter von 16,5 Jahren bekam eine junge Frau ein Kind. 18-jährig erlangte sie die dann mittlere Reife, schloss daraufhin die Fachoberschule an, blieb einmal sitzen, wechselte vom sozialen in den künstlerischen Zweig und schaffte schließlich das Fachabitur mit 21 Jahren. Dann wiederholte die junge Frau die 12. Klasse, ohne daraufhin das Abitur Ende der 13. Klasse zu schaffen. Mit ihrem Fachabitur nahm sie das Chemiestudium auf. Nach dem zweiten Fachsemester wechselte sie mit nun 23 Jahren und ohne Prüfungsergebnisse ins Studium des Modedesigns.

Ob der Vater für diese Tochter immer noch Unterhalt zu bezahlen habe, musste nun das OLG beantworten. Dass man den Fall unterschiedlich beurteilen kann, zeigen bereits Kommentare zu der Thematik aus der Fachliteratur. Das OLG befand in diesem Fall, auf eine Unterhaltspflicht des Vaters zu erkennen. Auf die beiden Punkte „Schwangerschaft“ und „Studiengangwechsel“ ging es bei seiner Entscheidung dabei besonders ein. Dass die junge Mutter vorübergehend nach der Geburt des Kindes ihre Schulausbildung unterbrochen hatte bzw. unterbrechen musste, sei ihr lediglich als leichtes Versagen zuzurechnen. Dass sie mit Verzögerungen und Fehlschlägen mühsam und erst auf den beschriebenen Umwegen in ihrem Berufswunsch und auf den Weg dahin „angekommen“ ist, habe der Vater ebenfalls hinzunehmen. Diese Verzögerungen bzw. Umwege haben den Unterhaltsanspruch nicht entfallen lassen.

Hinweis: Das Gericht betont, dass bei der Entscheidung dem Vater vorzuhalten ist, dass er das Verhalten seiner Tochter hingenommen hatte. Er hatte keine Einwände erhoben und sie nicht dazu angehalten, sich wegen der schlechten Noten um eine andere, eher praktische Berufsausbildung zu bemühen.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 28.06.2017 – 13 UF 217/17

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Eltern wünschen sind gesunde Kinder, die „glatt“ durch die Schule laufen, einen Berufsweg einschlagen und diesen dann auch erfolgreich meistern. Die Realität sieht oft anders aus. Inwieweit es Eltern mitzutragen haben, dass die berufliche Laufbahn des Nachwuchses aus zahlreichen Sackgassen und Umleitungen besteht, hatte das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) zu beantworten.


Im Alter von 16,5 Jahren bekam eine junge Frau ein Kind. 18-jährig erlangte sie die dann mittlere Reife, schloss daraufhin die Fachoberschule an, blieb einmal sitzen, wechselte vom sozialen in den künstlerischen Zweig und schaffte schließlich das Fachabitur mit 21 Jahren. Dann wiederholte die junge Frau die 12. Klasse, ohne daraufhin das Abitur Ende der 13. Klasse zu schaffen. Mit ihrem Fachabitur nahm sie das Chemiestudium auf. Nach dem zweiten Fachsemester wechselte sie mit nun 23 Jahren und ohne Prüfungsergebnisse ins Studium des Modedesigns.


Ob der Vater für diese Tochter immer noch Unterhalt zu bezahlen habe, musste nun das OLG beantworten. Dass man den Fall unterschiedlich beurteilen kann, zeigen bereits Kommentare zu der Thematik aus der Fachliteratur. Das OLG befand in diesem Fall, auf eine Unterhaltspflicht des Vaters zu erkennen. Auf die beiden Punkte „Schwangerschaft“ und „Studiengangwechsel“ ging es bei seiner Entscheidung dabei besonders ein. Dass die junge Mutter vorübergehend nach der Geburt des Kindes ihre Schulausbildung unterbrochen hatte bzw. unterbrechen musste, sei ihr lediglich als leichtes Versagen zuzurechnen. Dass sie mit Verzögerungen und Fehlschlägen mühsam und erst auf den beschriebenen Umwegen in ihrem Berufswunsch und auf den Weg dahin „angekommen“ ist, habe der Vater ebenfalls hinzunehmen. Diese Verzögerungen bzw. Umwege haben den Unterhaltsanspruch nicht entfallen lassen.


Hinweis: Das Gericht betont, dass bei der Entscheidung dem Vater vorzuhalten ist, dass er das Verhalten seiner Tochter hingenommen hatte. Er hatte keine Einwände erhoben und sie nicht dazu angehalten, sich wegen der schlechten Noten um eine andere, eher praktische Berufsausbildung zu bemühen.



Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 28.06.2017 – 13 UF 217/17

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Wechselmodell: Die gerichtliche Anordnung zum paritätischen Umgang wird die Ausnahme bleiben

[:de]Bis Anfang 2017 galt das Wechselmodell als Ausnahme, das gerichtlich nicht eingefordert werden konnte. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dann klargestellt, dass sehr wohl Gerichte einen paritätischen Umgang der Eltern mit den Kindern anordnen können – dass also jeder Elternteil die Hälfte der Zeit mit seinen Kindern verbringt. Seither herrscht Unsicherheit, welche Voraussetzungen dazu erfüllt sein müssen.

Zwei Komponenten sind von entscheidender Bedeutung. Ein gegen den Willen der Eltern bzw. – richtigerweise gesagt – gegen den Willen eines Elternteils angeordnetes Wechselmodell muss auf den Einzelfall bezogen geprüft werden, dabei vor allem dem Kindeswohl dienlich sein und setzt eine ausreichende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus.

Was dem Kindeswohl dienlich oder abträglich ist, ist oft schwer zu fassen. In jedem Fall schlecht für Kinder ist es, wenn sich ihre Eltern allzu oft und heftig streiten. Nicht allein deshalb ist der Schwerpunkt der Prüfung auf die Frage der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit zu richten. Es geht, wie der BGH in diesem Zusammenhang ausdrücklich klargestellt hat, um die entsprechende Fähigkeit – der Wille allein reicht nicht. Aber auch hier sind die faktischen Grenzen fließend.

Das Oberlandesgericht Brandenburg bekam nun die Frage vorgelegt, ob die erforderliche Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit dann als gegeben anzusehen sei, wenn sich die Eltern seit längerem in einem sogenannten Mediationsverfahren befinden. Hierbei argumentierte die Mutter, deren Kinder beim Vater lebten, dass ohne die besagte Fähigkeit diese fortdauernde Mediation schließlich nicht möglich sei. Das Gericht schloss sich der Frau jedoch nicht an. Es reicht nicht aus, dass versucht wird, Probleme im Rahmen einer Mediation statt einer streitigen Auseinandersetzung zu lösen. Der Versuch, Probleme gemeinsam zu lösen, kann nicht dahingehend gewertet werden, dass die Fähigkeit besteht, diesen Versuch gelingen zu lassen.

Hinweis: Die zwangsweise gerichtliche Anordnung eines Wechselmodells ist möglich, wird aber – wie die Rechtsprechung auch nie in Zweifel gezogen hat – die Ausnahme bleiben.

 

Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 02.05.2017 – 10 UF 2/17

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Bis Anfang 2017 galt das Wechselmodell als Ausnahme, das gerichtlich nicht eingefordert werden konnte. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dann klargestellt, dass sehr wohl Gerichte einen paritätischen Umgang der Eltern mit den Kindern anordnen können – dass also jeder Elternteil die Hälfte der Zeit mit seinen Kindern verbringt. Seither herrscht Unsicherheit, welche Voraussetzungen dazu erfüllt sein müssen.


Zwei Komponenten sind von entscheidender Bedeutung. Ein gegen den Willen der Eltern bzw. – richtigerweise gesagt – gegen den Willen eines Elternteils angeordnetes Wechselmodell muss auf den Einzelfall bezogen geprüft werden, dabei vor allem dem Kindeswohl dienlich sein und setzt eine ausreichende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus.


Was dem Kindeswohl dienlich oder abträglich ist, ist oft schwer zu fassen. In jedem Fall schlecht für Kinder ist es, wenn sich ihre Eltern allzu oft und heftig streiten. Nicht allein deshalb ist der Schwerpunkt der Prüfung auf die Frage der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit zu richten. Es geht, wie der BGH in diesem Zusammenhang ausdrücklich klargestellt hat, um die entsprechende Fähigkeit – der Wille allein reicht nicht. Aber auch hier sind die faktischen Grenzen fließend.


Das Oberlandesgericht Brandenburg bekam nun die Frage vorgelegt, ob die erforderliche Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit dann als gegeben anzusehen sei, wenn sich die Eltern seit längerem in einem sogenannten Mediationsverfahren befinden. Hierbei argumentierte die Mutter, deren Kinder beim Vater lebten, dass ohne die besagte Fähigkeit diese fortdauernde Mediation schließlich nicht möglich sei. Das Gericht schloss sich der Frau jedoch nicht an. Es reicht nicht aus, dass versucht wird, Probleme im Rahmen einer Mediation statt einer streitigen Auseinandersetzung zu lösen. Der Versuch, Probleme gemeinsam zu lösen, kann nicht dahingehend gewertet werden, dass die Fähigkeit besteht, diesen Versuch gelingen zu lassen.


Hinweis: Die zwangsweise gerichtliche Anordnung eines Wechselmodells ist möglich, wird aber – wie die Rechtsprechung auch nie in Zweifel gezogen hat – die Ausnahme bleiben.

 

 



Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 02.05.2017 – 10 UF 2/17

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2017)

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Selbstverfasstes Testament: Fehlt es der Erbenbestimmung an Eindeutigkeit, steht der letzte Wille auf wackeligen Füßen

Bei selbstverfassten Testamenten kommt es immer wieder vor, dass Formulierungen gewählt werden, die rechtlich nicht korrekt oder nicht eindeutig genug sind. Die ungewollte Folge: Die Bestimmungen sind unwirksam.


Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament errichtet, in dem es Folgendes festlegte: „Wir bestimmen gegenseitig, dass der Überlebende der Alleinerbe des Verstorbenen sein soll. Nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Ehegatten soll derjenige, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat, der Alleinerbe sein.“ Nach dem Tod des Ehemannes kümmerte sich dessen Bruder um die Frau und half unter anderem bei der Organisation der Beerdigung. Der Bruder der Frau wiederum trat dem entgegen und führte an, dass der Bruder des Mannes die Frau nicht gepflegt habe und er selbst sie auch durch Besuche und Telefonate unterstützt habe.


Das Gericht sah die Bestimmung im Testament als unwirksam an. Sowohl die Begriffe der „Pflege“ und des „Begleitens“ als auch der Zeitraum, auf den sich dies beziehen sollte, waren unklar. Da der Bruder des Mannes die Frau nur allgemein unterstützt hatte, kam er nach jeglicher Deutung nicht als Alleinerbe in Frage.


Hinweis: Der Erblasser muss seine Erben in der letztwilligen Verfügung selbst bestimmen. Der Erbe muss zwar nicht namentlich genannt sein, er muss aber zumindest anhand des Inhalts der Verfügung zuverlässig festgestellt werden können – gegebenenfalls unter Berücksichtigung von außerhalb der Urkunde liegenden Umständen. Bei der Formulierung empfiehlt es sich, rechtskundigen Rat einzuholen, damit der letzte Wille auch tatsächlich wunschgemäß umgesetzt werden kann.



Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 14.11.2016 – 2 Wx 536/16

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)