Rechtsanwalt München

Unangemessene Benachteiligung: In Unternehmensdarlehen formularmäßig vereinbarte Bearbeitungsgebühr ist unwirksam

[:de]Unternehmen wehrten sich gegen die laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühr ihrer Banken, die diese für Darlehen vertraglich verlangten.

Darlehensverträge beinhalteten Formularklauseln, nach denen Darlehensnehmer ein laufzeitunabhängiges „Bearbeitungsentgelt“ bzw. eine „Bearbeitungsgebühr“ zu entrichten hatten. Nun klagten die Unternehmen jedoch auf Rückzahlung dieses Entgelts – mit Erfolg.

Bei den betreffenden Klauseln handelte es sich um sogenannte Preisnebenabreden, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterlagen und dieser nicht standhielten. Denn die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte war mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. Es lag eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners vor. Auch bei Unternehmerdarlehensverträgen gibt es keine Gründe, die diese gesetzliche Vermutung widerlegen würden.

Hinweis: Die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte bei Darlehen ist also auch gegenüber Unternehmen unwirksam. Nun sollten solche auch prüfen, ob sie von ihrer Bank Geld zurückbekommen können.

Quelle: BGH, Urt. v. 04.07.2017 – XI ZR 562/15 u. XI ZR 233/16

zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Unternehmen wehrten sich gegen die laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühr ihrer Banken, die diese für Darlehen vertraglich verlangten.


Darlehensverträge beinhalteten Formularklauseln, nach denen Darlehensnehmer ein laufzeitunabhängiges „Bearbeitungsentgelt“ bzw. eine „Bearbeitungsgebühr“ zu entrichten hatten. Nun klagten die Unternehmen jedoch auf Rückzahlung dieses Entgelts – mit Erfolg.


Bei den betreffenden Klauseln handelte es sich um sogenannte Preisnebenabreden, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterlagen und dieser nicht standhielten. Denn die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte war mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. Es lag eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners vor. Auch bei Unternehmerdarlehensverträgen gibt es keine Gründe, die diese gesetzliche Vermutung widerlegen würden.


Hinweis: Die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte bei Darlehen ist also auch gegenüber Unternehmen unwirksam. Nun sollten solche auch prüfen, ob sie von ihrer Bank Geld zurückbekommen können.



Quelle: BGH, Urt. v. 04.07.2017 – XI ZR 562/15 u. XI ZR 233/16

zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Haus nur gegen Rente: Ein Testamentsvollstrecker kann das Vermächtnis bis zur Auflagenerfüllung verweigern

Gerade bei umfangreicheren oder komplizierteren Nachlässen empfiehlt es sich, einen Testamentsvollstrecker zu bestellen, der die Umsetzung des letzten Willens des Erblassers durchsetzt. Über die Befugnisse von Testamentsvollstreckern gibt es jedoch häufig Streit, da sich Erben und Vermächtnisnehmer in ihren Rechten beeinträchtigt sehen.


Ein Mann setzte in seinem notariellen Testament zwei seiner Kinder als Erben ein und vermachte einem weiteren Sohn vier verschiedene Immobilien. Die Vermächtnisse waren mit der Auflage verbunden, der Schwester des Erblassers eine lebenslängliche Rente und die Krankenversicherung zu zahlen. Darüber hinaus wurde in dem Testament die Testamentsvollstreckung angeordnet. Die Testamentsvollstreckerin übertrug einen Teil der Immobilien, weigerte sich dann aber, die letzte zu übertragen, bevor der Sohn nicht die vorgesehenen Zahlungen an die Schwester des Erblassers beglichen hatte. Dagegen klagte der Sohn.


Das Gericht gab der Testamentsvollstreckerin Recht. Mit der Annahme der Vermächtnisse hatte der Sohn auch gleichzeitig die Verpflichtungen aus der Auflage übernommen. Die Durchsetzung einer solchen Auflage gehört mit zum Aufgabenbereich einer Testamentsvollstreckerin, so dass diese hier auch berechtigt war, ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen, bis die Auflage erfüllt war.


Hinweis: Als Auflage können in einem Testament die unterschiedlichsten Dinge vorgesehen werden – etwa regelmäßige Zahlungen an Verwandte, die Grabpflege oder die Pflege von Haustieren des Erblassers. Im Gegensatz zum Vermächtnisnehmer hat der Begünstigte einer Auflage jedoch keinen Anspruch, die Leistung zu verlangen. Daher ist es besonders wichtig, dass ein Testamentsvollstrecker eine solche Auflagenerfüllung hinreichend überwacht. 



Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.04.2017 – 9 W 4/17

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Vorsicht, Scherzkeks! Nur erkennbar unernst gemeinte Geschäftserklärungen können ohne Folgen bleiben

[:de]Wer hin und wieder gern zu scherzen pflegt, sollte bei Geschäften unbedingt darauf achten, seinen Humor nur sehr wohldosiert einzusetzen. Nicht immer haben Scherzkekse im Streitfall Glück wie hier.

Im Internet wurde ein Fahrzeug zum Kauf angeboten, dessen Wert über 10.000 EUR lag. Ein Interessent und der Verkäufer des Fahrzeugs konnten sich über den Kaufpreis allerdings nicht einigen, auch ein Tauschangebot lehnte der Verkäufer ab. Schließlich sandte der Mann dem Kaufinteressenten eine Nachricht mit dem Wortlaut: „Also für 15 kannste ihn haben“. Der Interessent schlug natürlich prompt ein und antwortete: „Guten Tag für 15 EUR nehme ich ihn“ und erkundigte sich, wo er das Auto abholen könne. Die Antwort darauf lautete: „Kannst Kohle überweisen, Wagen bringe ich dann.“ Doch dann – kaum verwunderlich – erhielt der Interessent das Auto nicht und klagte seinen vermeintlichen Anspruch ein: Er wolle das Fahrzeug für 15 EUR nun auch haben.

Doch das Gericht brachte den nötigen Ernst in die Angelegenheit zurück: Die Erklärungen des Verkäufers waren erkennbar nicht ernst gemeint gewesen. Dementsprechend war die Antwort des Interessenten „Für 15 EUR nehme ich ihn“ auch nicht als ernsthafte Annahme eines vermeintlichen Kaufvertragsangebots anzusehen. Ein Kauf war nicht zustande gekommen und der Kaufinteressent verlor den Rechtsstreit.

Hinweis: Die Scherzerklärung „Für 15 EUR kannst du ihn haben“ löst in Bezug auf ein im fünfstelligen Bereich angebotenes Auto also keine Vertragsansprüche aus. Trotzdem sollten Beteiligte mit solchen Äußerungen eher vorsichtig sein.

Quelle: OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 02.05.2017 – 1 U 170/16

zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Wer hin und wieder gern zu scherzen pflegt, sollte bei Geschäften unbedingt darauf achten, seinen Humor nur sehr wohldosiert einzusetzen. Nicht immer haben Scherzkekse im Streitfall Glück wie hier.


Im Internet wurde ein Fahrzeug zum Kauf angeboten, dessen Wert über 10.000 EUR lag. Ein Interessent und der Verkäufer des Fahrzeugs konnten sich über den Kaufpreis allerdings nicht einigen, auch ein Tauschangebot lehnte der Verkäufer ab. Schließlich sandte der Mann dem Kaufinteressenten eine Nachricht mit dem Wortlaut: „Also für 15 kannste ihn haben“. Der Interessent schlug natürlich prompt ein und antwortete: „Guten Tag für 15 EUR nehme ich ihn“ und erkundigte sich, wo er das Auto abholen könne. Die Antwort darauf lautete: „Kannst Kohle überweisen, Wagen bringe ich dann.“ Doch dann – kaum verwunderlich – erhielt der Interessent das Auto nicht und klagte seinen vermeintlichen Anspruch ein: Er wolle das Fahrzeug für 15 EUR nun auch haben.


Doch das Gericht brachte den nötigen Ernst in die Angelegenheit zurück: Die Erklärungen des Verkäufers waren erkennbar nicht ernst gemeint gewesen. Dementsprechend war die Antwort des Interessenten „Für 15 EUR nehme ich ihn“ auch nicht als ernsthafte Annahme eines vermeintlichen Kaufvertragsangebots anzusehen. Ein Kauf war nicht zustande gekommen und der Kaufinteressent verlor den Rechtsstreit.


Hinweis: Die Scherzerklärung „Für 15 EUR kannst du ihn haben“ löst in Bezug auf ein im fünfstelligen Bereich angebotenes Auto also keine Vertragsansprüche aus. Trotzdem sollten Beteiligte mit solchen Äußerungen eher vorsichtig sein.



Quelle: OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 02.05.2017 – 1 U 170/16

zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Abweichung vom Betriebsrentengesetz: Die Versorgungsansprüche von Geschäftsführern dürfen einmalig abgegolten werden

Das Betriebsrentengesetz schützt Arbeitnehmer im besonderen Maße. Wie es sich jedoch mit Personen in Geschäftsführungspositionen verhält, zeigt dieser Fall.


Ein langjährig beschäftigter ehemaliger Geschäftsführer und Gesellschafter erhielt eine betriebliche Altersversorgung. Laut Vertrag war die Gesellschaft berechtigt, die Versorgungsansprüche durch eine Kapitalzahlung einmalig abzufinden. Und genau dazu entschloss sich die Gesellschaft. Sie zahlte einmalig eine Abfindung von 300.000 EUR. Dagegen klagte der ehemalige Geschäftsführer und wollte die Versorgungszusage ins System des Betriebsrentengesetzes und dessen Regelungen zurückführen. Das gelang ihm jedoch nicht.


Der Beschluss der Gesellschaft, die Versorgung des ehemaligen Geschäftsführers zu kapitalisieren, verstieß nicht gegen das Gesetz. Von den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes kann zum Nachteil von Organen einer Kapitalgesellschaft abgewichen werden, soweit auch den Tarifvertragsparteien Abweichungen erlaubt sind.


Hinweis: Organe einer Gesellschaft, wie beispielsweise die Geschäftsführung, sind also nicht so schutzbedürftig wie Arbeitnehmer. Deshalb darf von den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes zu ihrem Nachteil abgewichen werden.



Quelle: BGH, Urt. v. 23.05.2017 – II ZR 6/16

zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Nicht weit genug gedacht: Bei vorverstorbenem Erben ist die Bestimmung des Ersatzerben oft reine Auslegungssache

Auch wenn der Erblasser ein Testament hinterlassen hat, kommt es immer wieder vor, dass darin nicht alle Eventualitäten bedacht wurden und das Testament somit ausgelegt werden muss. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der vorgesehene Erbe vor dem Erblasser verstirbt und für diesen im Testament kein Ersatz genannt wurde.


Eine verwitwete und kinderlose Frau verstarb und hinterließ in ihrem handschriftlichen Testament ihr Vermögen mehreren Cousinen. Eine dieser Cousinen war jedoch bereits vor der Erblasserin verstorben, so dass ihre Tochter nun geltend machte, ihre Ersatzerbin zu sein. Ein Cousin, der im Testament nicht bedacht worden war, bestritt dies und trug vor, dass im Testament keine Ersatzerbfolge angeordnet wurde und somit die gesetzliche Erbfolge eingreifen würde.


Das Gericht entschied, dass in der Tat keine Regelung über Ersatzerben getroffen wurde und daher der mutmaßliche Wille der Erblasserin durch Auslegung ermittelt werden musste. Dabei war es entscheidend, ob die Cousine persönlich oder als Vertreterin ihres Familienstamms bedacht werden sollte. Da die Erblasserin allen Cousinen mütterlicherseits annähernd den gleichen Anteil ihres Vermögens hinterließ, sah das Gericht dies als Indiz, dass alle Stämme zu gleichen Teilen bedacht werden sollten. Es erklärte somit die Tochter zur Ersatzerbin.


Hinweis: Wurde kein Ersatzerbe bestimmt, gibt es eine gesetzliche Auslegungsregel. Diese besagt, dass im Zweifel die Abkömmlinge eines bereits verstorbenen Erben an dessen Stelle treten. Diese Regel gilt jedoch nur, wenn der verstorbene Erbe ein Abkömmling des Erblassers war. Ist der verstorbene Erbe hingegen ein naher Verwandter oder überhaupt kein Familienmitglied, findet die Regel keine Anwendung. Daher sollte möglichst nicht nur für den Fall des Vorversterbens eines Erben, sondern auch für den Fall ein Ersatzerbe bestimmt werden, dass er das Erbe ausschlägt. 



Quelle: OLG München, Beschl. v. 26.04.2017 – 31 Wx 378/16

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Pkw als Haushaltsgegenstand: Eigentumsübertragung ist Voraussetzung für eine eventuelle Ausgleichszahlung

Ein Pkw, der nicht nur beruflich, sondern auch für die Familie genutzt wird, fällt nicht in die Zugewinnausgleichsberechnung – er gilt als Haushaltssache. Überträgt ein Ehegatte dem anderen einen Haushaltsgegenstand, kann dieser dafür eine Ausgleichszahlung verlangen. Zu der Frage, ob das auch gilt, wenn das Fahrzeug auf Kredit gekauft wurde, hat das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) eine Entscheidung erlassen.


Die Ehegatten haben in ihrer Ehezeit einen Wagen gekauft. Ein Teil des Preises wurde angezahlt. Im Übrigen schloss der Mann in seinem Namen einen Darlehensvertrag ab und zahlte die monatlichen Raten. Nach der Scheidung machte die Frau geltend, der Mann habe ihr die halbe Anzahlung und die Hälfte der monatlichen Raten zu erstatten. Es bestehe schließlich ein Anwartschaftsrecht hinsichtlich des Fahrzeugs. Sie sei damit einverstanden, dass er Alleineigentümer des Wagens werde, sobald alles gezahlt sei. Dann wolle sie aber auch die Hälfte des gezahlten Kaufpreises bzw. des Wagenwerts.


Das OLG verweigerte der Frau diesen Anspruch; der Mann muss nichts zahlen. Es ist nämlich nicht so, dass sich die Ehegatten darauf verständigt hätten, dass der Ehemann Eigentümer des Wagens werde. Eine solche Eigentumsübertragung ist aber Voraussetzung dafür, eventuell eine Ausgleichszahlung verlangen zu können. Die Übertragung eines Anwartschaftsrechts kann man schon wie die Übertragung eines Eigentumsrechts behandeln. Hier ist aber gar nicht feststellbar, dass die Frau überhaupt Mitberechtigte beim Kauf des Wagens wurde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass allein der Mann aus dem Kaufvertrag berechtigt ist. War demnach aber nur der Mann berechtigt, übertrug die Frau ihm nichts – und kann nun auch nichts übertragen. Deshalb steht ihr auch kein Ausgleichsanspruch zu.


Hinweis: Darlehensraten beeinflussen in den meisten Fällen die Höhe des zu zahlenden Unterhalts. Ist das der Fall, kommt eine weitere rechtliche Verwertung nicht mehr in Betracht. Die vorstehende Problematik kann deshalb nur zum Tragen kommen, wenn Unterhaltsfragen zwischen Ehegatten keine Rolle spielen, das heißt, keiner vom anderen Unterhalt verlangt.



Quelle: OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 06.04.2017 – 5 UF 295/16

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 09/2017)

Rechtsanwalt München

Wunschvater vorzeitig verstorben: Bewiesenes Eltern-Kind-Verhältnis macht Haushaltshilfe nachträglich zur Adoptivtochter

[:de]Da Kinder bei Erbschaften steuerlich begünstigt werden, kommt es immer wieder vor, dass überlegt wird, den Wunscherben einfach zu adoptieren. Eine Adoption von Erwachsenen ist zwar möglich; der Beweggrund der Steuerersparnis darf aber stets nur ein Nebenzweck einer solchen Adoption sein.

Ein kinderloses Ehepaar beschäftige eine Frau jahrelang als Haushaltshilfe. Nach dem Tod der Ehefrau beschloss der Ehemann, die Haushaltshilfe zu adoptieren. Als Grund dafür gaben beide an, dass von Beginn an eine große wechselseitige Sympathie bestanden, das Verhältnis über die Jahre – insbesondere während der Erkrankungen der Eheleute – mehr als freundschaftliche Züge angenommen und schließlich auch die Kinder der Haushaltshilfe umfasst hatte.

Der Mann verstarb dann jedoch, bevor die Adoption abgeschlossen werden konnte, und hinterließ in seinem gemeinschaftlichen Testament sein Vermögen einer Stiftung sowie mehrere Vermächtnisse zugunsten der Haushaltshilfe. Diese wollte nun aber vor Gericht die Adoption durchsetzen.

Das Gericht wies darauf hin, dass eine Adoption eines Erwachsenen möglich ist, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Im vorliegenden Fall sah das Gericht dies als gegeben an. Es ging davon aus, dass ein solches Maß an innerer Verbundenheit zwischen den Beteiligten bestand und dass sich die Beziehung somit klar von einer guten Bekanntschaft oder engen Freundschaft abhob. Dies zeigte sich insbesondere dadurch, dass die Haushaltshilfe nicht nur Besorgungen für das Ehepaar erledigte, sondern auch ihre Freizeit und Feiertage mit ihnen verbrachte, vertrauensvolle Gespräche führte, Vorsorgevollmachten für beide erhielt und sie sich gegenseitig in Krankheitsfällen und während der Scheidung der Haushaltshilfe von ihrem Mann unterstützen. Das Hauptmotiv für die Adoption waren nach Ansicht des Gerichts auch keine wirtschaftlichen Gründe, da die Haushaltshilfe im Testament großzügig bedacht wurde und auch ein Ausgleich für gegebenenfalls zu zahlende Erbschaftsteuer vorgesehen war.

Der Adoption wurde daher stattgegeben, so dass die Haushaltshilfe nun als Kind des Erblassers galt. Dies ermöglichte es ihr auch, neben den Vermächtnissen zusätzlich den Pflichtteil zu verlangen und auf Wunsch auch vom günstigeren Erbschaftssteuersatz zu profitieren.

Hinweis: Bei der Erwachsenenadoption wird der Adoptierte im Gegensatz zur Minderjährigenadoption zwar zum Kind des Annehmenden, verliert aber die Verbindung zu seinen leiblichen Eltern nicht. In erbrechtlicher Hinsicht hat der Adoptierte somit ein Recht auf den Nachlass sowohl der leiblichen als auch der adoptierten Eltern. Um die Adoption durchzuführen, muss ein notariell beurkundeter Antrag vor dem Familiengericht gestellt und das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses nachgewiesen werden.

Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 15.03.2017 – 1 UF 139/16

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Da Kinder bei Erbschaften steuerlich begünstigt werden, kommt es immer wieder vor, dass überlegt wird, den Wunscherben einfach zu adoptieren. Eine Adoption von Erwachsenen ist zwar möglich; der Beweggrund der Steuerersparnis darf aber stets nur ein Nebenzweck einer solchen Adoption sein.


Ein kinderloses Ehepaar beschäftige eine Frau jahrelang als Haushaltshilfe. Nach dem Tod der Ehefrau beschloss der Ehemann, die Haushaltshilfe zu adoptieren. Als Grund dafür gaben beide an, dass von Beginn an eine große wechselseitige Sympathie bestanden, das Verhältnis über die Jahre – insbesondere während der Erkrankungen der Eheleute – mehr als freundschaftliche Züge angenommen und schließlich auch die Kinder der Haushaltshilfe umfasst hatte.


Der Mann verstarb dann jedoch, bevor die Adoption abgeschlossen werden konnte, und hinterließ in seinem gemeinschaftlichen Testament sein Vermögen einer Stiftung sowie mehrere Vermächtnisse zugunsten der Haushaltshilfe. Diese wollte nun aber vor Gericht die Adoption durchsetzen.


Das Gericht wies darauf hin, dass eine Adoption eines Erwachsenen möglich ist, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Im vorliegenden Fall sah das Gericht dies als gegeben an. Es ging davon aus, dass ein solches Maß an innerer Verbundenheit zwischen den Beteiligten bestand und dass sich die Beziehung somit klar von einer guten Bekanntschaft oder engen Freundschaft abhob. Dies zeigte sich insbesondere dadurch, dass die Haushaltshilfe nicht nur Besorgungen für das Ehepaar erledigte, sondern auch ihre Freizeit und Feiertage mit ihnen verbrachte, vertrauensvolle Gespräche führte, Vorsorgevollmachten für beide erhielt und sie sich gegenseitig in Krankheitsfällen und während der Scheidung der Haushaltshilfe von ihrem Mann unterstützen. Das Hauptmotiv für die Adoption waren nach Ansicht des Gerichts auch keine wirtschaftlichen Gründe, da die Haushaltshilfe im Testament großzügig bedacht wurde und auch ein Ausgleich für gegebenenfalls zu zahlende Erbschaftsteuer vorgesehen war.


Der Adoption wurde daher stattgegeben, so dass die Haushaltshilfe nun als Kind des Erblassers galt. Dies ermöglichte es ihr auch, neben den Vermächtnissen zusätzlich den Pflichtteil zu verlangen und auf Wunsch auch vom günstigeren Erbschaftssteuersatz zu profitieren.


Hinweis: Bei der Erwachsenenadoption wird der Adoptierte im Gegensatz zur Minderjährigenadoption zwar zum Kind des Annehmenden, verliert aber die Verbindung zu seinen leiblichen Eltern nicht. In erbrechtlicher Hinsicht hat der Adoptierte somit ein Recht auf den Nachlass sowohl der leiblichen als auch der adoptierten Eltern. Um die Adoption durchzuführen, muss ein notariell beurkundeter Antrag vor dem Familiengericht gestellt und das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses nachgewiesen werden.



Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 15.03.2017 – 1 UF 139/16

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Rechtsanwalt München

Solvente Ex-Partner: Der Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss durch Ehegatten gilt nur bis zur Scheidung

[:de]Es ist keine ungewöhnliche Prozesskonstellation, dass ein Mittelloser gegen einen wirtschaftlich Bessergestellten sein persönliches Recht durchsetzen möchte. Betrifft das Ehegatten, hat der Schlechtergestellte ein Anspruch darauf, dass der andere ihm die dafür benötigten Kosten vorschießt. Der Anspruch dem Ehepartner gegenüber ist dem einer staatlich gewährten Verfahrenskostenhilfe gegenüber vorrangig. Doch wie weit geht dieser Anspruch – und vor allem: Wie lange besteht er?

Mit dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof auseinanderzusetzen. Um ihre güterrechtlichen Ansprüche gegen ihren Ehegatten nach Trennung und Einleitung des Scheidungsverfahrens geltend machen zu können, verlangte die Ehefrau einen Vorschuss von rund 60.000 EUR, den sie auch zugesprochen bekam. Nach der Scheidung – aber vor abschließender Klärung der Ansprüche – machte sie dann weitere 10.000 EUR geltend.

Geklärt ist in der Rechtsprechung, dass der Anspruch auf Vorschuss der Kosten nicht nur die Kosten meint, die sich auf ein gerichtliches Verfahren gegen Dritte beziehen (z.B. im Rahmen eines Arbeitsgerichtsprozesses nach Kündigung). Um eine persönliche Angelegenheit handelt es sich vielmehr auch, wenn der Ehegatte auf Unterhalt oder Zugewinnausgleich in Anspruch genommen werden soll. Daher kann ein Ehegatte, der ein Gerichtsverfahren zur Klärung seiner Unterhaltsansprüche nicht selbst bezahlen kann, vom anderen verlangen, dass dieser die anfallenden Gerichtskosten und die anfallenden Kosten des Anwalts im Vorschussweg finanziert. Für den Part, der zahlen muss, ist das natürlich eine wenig erfreuliche Situation.

Aber die Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten besteht in solchen Fällen nur bis zur Scheidung. Ist eine Ehe einmal geschieden, kann vom anderen Ehegatten nicht mehr verlangt werden, weitere Kosten zu übernehmen. Nachdem das Scheidungsverfahren beendet war, bekam die Ehefrau die weiteren 10.000 EUR daher nicht zugesprochen.

Hinweis: Oft sind die finanziellen Verhältnisse beider Ehegatten schlecht, weshalb der Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss nicht geltend gemacht werden kann. Das ist im Einzelfall fachkundig zu prüfen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 12.04.2017 – XII ZB 254/16

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 09/2017)

Rechtsanwalt München[:en]

Es ist keine ungewöhnliche Prozesskonstellation, dass ein Mittelloser gegen einen wirtschaftlich Bessergestellten sein persönliches Recht durchsetzen möchte. Betrifft das Ehegatten, hat der Schlechtergestellte ein Anspruch darauf, dass der andere ihm die dafür benötigten Kosten vorschießt. Der Anspruch dem Ehepartner gegenüber ist dem einer staatlich gewährten Verfahrenskostenhilfe gegenüber vorrangig. Doch wie weit geht dieser Anspruch – und vor allem: Wie lange besteht er?


Mit dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof auseinanderzusetzen. Um ihre güterrechtlichen Ansprüche gegen ihren Ehegatten nach Trennung und Einleitung des Scheidungsverfahrens geltend machen zu können, verlangte die Ehefrau einen Vorschuss von rund 60.000 EUR, den sie auch zugesprochen bekam. Nach der Scheidung – aber vor abschließender Klärung der Ansprüche – machte sie dann weitere 10.000 EUR geltend.


Geklärt ist in der Rechtsprechung, dass der Anspruch auf Vorschuss der Kosten nicht nur die Kosten meint, die sich auf ein gerichtliches Verfahren gegen Dritte beziehen (z.B. im Rahmen eines Arbeitsgerichtsprozesses nach Kündigung). Um eine persönliche Angelegenheit handelt es sich vielmehr auch, wenn der Ehegatte auf Unterhalt oder Zugewinnausgleich in Anspruch genommen werden soll. Daher kann ein Ehegatte, der ein Gerichtsverfahren zur Klärung seiner Unterhaltsansprüche nicht selbst bezahlen kann, vom anderen verlangen, dass dieser die anfallenden Gerichtskosten und die anfallenden Kosten des Anwalts im Vorschussweg finanziert. Für den Part, der zahlen muss, ist das natürlich eine wenig erfreuliche Situation.


Aber die Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten besteht in solchen Fällen nur bis zur Scheidung. Ist eine Ehe einmal geschieden, kann vom anderen Ehegatten nicht mehr verlangt werden, weitere Kosten zu übernehmen. Nachdem das Scheidungsverfahren beendet war, bekam die Ehefrau die weiteren 10.000 EUR daher nicht zugesprochen.


Hinweis: Oft sind die finanziellen Verhältnisse beider Ehegatten schlecht, weshalb der Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss nicht geltend gemacht werden kann. Das ist im Einzelfall fachkundig zu prüfen.



Quelle: BGH, Beschl. v. 12.04.2017 – XII ZB 254/16

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Bei unbegründeter Sorge: Über Reisen als Alltagsangelegenheit entscheidet der Elternteil, bei dem sich das Kind aufhält

Urlaub in der Heimat ist nicht immer angesagt. Fernreisen bieten im Vergleich dazu nicht nur Abwechslung; sie sind mitunter sogar billiger als ein Aufenthalt im eigenen Land. Nur: Was ist, wenn sich Eltern nicht einig sind?


Wollen gemeinsam lebende Paare gemeinsam mit der Familie Urlaub machen, müssen sie einen Konsens finden. Sobald sie sich jedoch getrennt haben, kann es zu Konflikten kommen. Mit einem solchen hatte sich das Kammergericht Berlin auseinanderzusetzen. Beide Elternteile hatten sich darauf verständigt, dass die zwei Kinder ihre Ferien für einen gewissen Zeitraum beim Kindesvater verbringen sollten und dieser mit ihnen, seiner neuen Frau und deren beiden Kindern auch verreisen sollte. Klar war, dass die Reise in die Nähe von Pattaya in Thailand gehen sollte. Zunächst war die Kindesmutter damit auch einverstanden; sie änderte aber ihre Meinung jedoch, als es in Thailand zu Bombenanschlägen kam – wenngleich diese in ganz anderen weit entfernt liegenden Regionen erfolgt waren. Der Vater teilte die Bedenken der Mutter nicht und wollte die Reise dennoch durchführen.


Das Gericht wies darauf hin, dass Alltagsfragen von dem Elternteil zu klären sind, bei dem sich die Kinder jeweils aufhalten. Nur Fragen von grundlegender Bedeutung müssen von den Eltern gemeinsam entschieden werden. Reisen seien heutzutage eine Alltagsangelegenheit – selbst wenn es sich um weite Auslandsreisen handelt, verbunden mit einem mehrstündigen Flug und einem Aufenthalt in einem dem Kind nicht vertrauten Kulturkreis. Um grundlegende Dinge gehe es erst, wenn die Reise in ein Krisengebiet gehen soll oder für den Zielort Reisewarnungen des Auswärtigen Amts vorliegen. Weder ist das in diesem Fall direkte Reiseziel „Jomtien Beach“ ein Krisengebiet noch liegen für die Region entsprechende Warnungen vor. Deshalb fruchteten die Bedenken der Mutter nicht – und die Reise konnte stattfinden.


Hinweis: Um Streitigkeiten zwischen Eltern über das Reiseziel zu vermeiden, ist es angezeigt, dass die Eltern im Vorfeld miteinander sprechen und sich abstimmen. Sonst erfolgt eine gerichtliche Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang.

 

 



Quelle: KG, Beschl. v. 02.02.2017 – 13 UF 163/16

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 09/2017)

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Finanzen in der Pflege: Bei Nachweis der ordnungsgemäßen Verwendung hat der Erbe hat kein Rückforderungsrecht

Werden Angehörige gepflegt, ist es in diesem Zusammenhang häufig auch erforderlich, die Finanzen des Pflegebedürftigen zu verwalten. Dies kann im Nachhinein jedoch zu Streitigkeiten führen, wenn die Erben anzweifeln, dass die Gelder ordnungsgemäß verwendet wurden.


Eine Frau hatte ihre Mutter einige Jahre gepflegt, bevor diese dann ins Pflegeheim kam und schließlich verstarb. Die Mutter hatte der Tochter eine General- und Vorsorgevollmacht ausgestellt und unterschrieb einige Schecks, mit denen die Tochter Geld vom Konto der Mutter abhob. Nach dem Tod der Mutter verlangte der Bruder der Tochter, der Alleinerbe wurde, diese Gelder heraus.


Das Gericht untersuchte die einzelnen Geldbeträge und stellte fest, dass ein Großteil des Geldes mithilfe von Schecks abgehoben wurde, die die Mutter selbst unterschrieben hatte. Als Verwendungszweck war dabei „Pflegegeld“ oder „Aufwandsentschädigung“ angegeben. Das Gericht sah dies zusammen mit einem handschriftlichen Vertrag als ausreichenden Beweis dafür an, dass diese Zahlungen – wie von der Tochter angegeben -, als Gegenleistung für Pflege- und Betreuungstätigkeiten geleistet wurden. Mithilfe weiterer Schecks wurden Beträge abgehoben, die der Mutter als Taschengeld ausgehändigt wurden, was das Gericht aufgrund einer Zeugenaussage ebenfalls als erwiesen ansah. Die restlichen Gelder wurden von der Tochter dazu verwendet, Besorgungen wie Kleidungsstücke für die Mutter zu erledigen, als diese sich im Pflegeheim befand. Auch hier sah das Gericht keine Anhaltspunkte für eine unredliche Verwendung der Gelder. Somit hatte der Bruder keinen Anspruch auf Auszahlung des Geldes.


Hinweis: Werden Gelder für Pflegebedürftige verwaltet, empfiehlt es sich, die Vorgänge genau zu dokumentieren. So kann im Streitfall nachgewiesen werden kann, dass die Finanzen nicht unterschlagen oder unrechtmäßig verwendet wurden. Erhält der Pflegende zudem einen finanziellen Ausgleich als Gegenleistung, sollte dies vertraglich festgehalten werden.



Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.05.2017 – 9 U 167/15

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 09/2017)