Rechtsanwalt München

Chronische Wahnvorstellungen: Die Testierfähigkeit der Erblasserin muss gesondert geprüft werden

Insbesondere bei privatschriftlichen Testamenten und ungewöhnlichen Erbeinsetzungen werden die Testierfähigkeit und damit die Wirksamkeit des Testaments immer wieder angezweifelt. Dabei spielt die Beweisbarkeit vor Gericht eine entscheidende Rolle.


Eine Frau litt unter Wahnvorstellungen und war davon überzeugt, dass Diebe wiederholt in ihr Haus einzubrechen versuchten. Sie zahlte daher mehrere Tausend Euro an ein Brüderpaar, das sich als Detektive ausgab und ihre Wohnung mit Kameras und anderen Sicherheitsvorkehrungen ausrüstete. Kurz vor dem Tod der Frau setzte sie die beiden Männer in einem handschriftlichen Testament als Erben ein. Ihre Verwandten zweifelten die Wirksamkeit des Testaments an.


Das Gericht wies darauf hin, dass Testierunfähigkeit nicht nur vorliegt, wenn der Erblasser sich keine Vorstellung davon macht, überhaupt ein Testament zu errichten oder dessen Inhalt und Tragweite nicht einordnen kann. Die Testierunfähigkeit liegt auch dann vor, wenn allein die Motive für die Errichtung des Testaments auf einer krankheitsbedingten Unfreiheit beruhen. Ein Sachverständigengutachten, das bescheinigte, dass die Frau unter Wahnvorstellungen gelitten, aber auch lichte Momente gehabt habe, lässt nicht darauf schließen, dass sie das Testament in solch einem lichten Moment verfasst hat. Vielmehr sind bei chronischen Wahnvorstellungen klare Momente praktisch ausgeschlossen. Das Gericht verwies daher das Verfahren zur weiteren Aufklärung an die Vorinstanz zurück.


Hinweis: Grundsätzlich muss derjenige, der sich auf die Testierunfähigkeit des Erblassers beruft, diese auch darlegen und beweisen. In diesem Urteil wurde jedoch klargestellt, dass bei entsprechenden Anhaltspunkten für eine chronische psychische Erkrankung von Seiten der Gerichte ausdrücklich geprüft werden muss, ob der Erblasser bei Errichtung des Testaments tatsächlich testierfähig war.



Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 17.08.2017 – 20 W 188/16

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Vater heimlich umgebettet: Der Tochter steht kein Schmerzensgeldanspruch gegen ihre Mutter zu

[:de]Nach dem Tod naher Angehöriger kommt es häufig nicht nur zum Streit über das Erbe, sondern auch vielfach über die Ausgestaltung der Beerdigung oder die Grabpflege.

Die Urne eines verstorbenen Mannes war zunächst im Familiengrab beigesetzt worden. Die Ehefrau entfernte diese dann jedoch ohne Wissen der gemeinsamen Tochter und veranlasste eine Flussbestattung in den Niederlanden. Dagegen wehrte sich die Tochter und verlangte Schmerzensgeld.

Das Gericht lehnte dies jedoch ab. Es führte aus, dass eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder auch des Totenfürsorgerechts der Tochter nur bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen gewährt wird. Dafür reichte es nicht aus, dass die Mutter der Tochter nicht mitgeteilt hatte, dass die Urne umgebettet wurde und an welchen Ort dies erfolgt ist. Ein solcher Anspruch auf Schmerzensgeld würde nach Auffassung des Gerichts nur in Frage kommen, wenn die Mutter aus sachwidrigen Gründen gehandelt, also ohne legitime eigene Interessen den Verlust der Trauerstätte zu Lasten der Tochter in Kauf genommen hätte. Die Mutter konnte zwar nicht beweisen, dass es der Wille des Verstorbenen war, auf diese Art bestattet zu werden. Auf der anderen Seite konnte die Tochter aber auch nicht beweisen, dass die Mutter aus böswilligen Motiven gehandelt hatte. Daher stand der Tochter auch kein Schmerzensgeld zu.

Hinweis: Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, in einem Testament oder Erbvertrag auch Regelungen zur Bestattung aufzunehmen. Wurde nichts geregelt, obliegt die Entscheidung den sogenannten „Totenfürsorgeberechtigten“. Dies sind die nahen Angehörigen – wie Ehegatten und Kinder – unabhängig davon, ob sie gleichzeitig auch Erben sind. Die Reihenfolge der Berechtigten ist in den Bestattungsgesetzen des jeweiligen Bundeslandes geregelt, wobei Ehegatten Kindern in der Regel vorgehen.

Quelle: LG Krefeld, Urt. v. 24.02.2017 – 1 S 68/16

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Nach dem Tod naher Angehöriger kommt es häufig nicht nur zum Streit über das Erbe, sondern auch vielfach über die Ausgestaltung der Beerdigung oder die Grabpflege.


Die Urne eines verstorbenen Mannes war zunächst im Familiengrab beigesetzt worden. Die Ehefrau entfernte diese dann jedoch ohne Wissen der gemeinsamen Tochter und veranlasste eine Flussbestattung in den Niederlanden. Dagegen wehrte sich die Tochter und verlangte Schmerzensgeld.


Das Gericht lehnte dies jedoch ab. Es führte aus, dass eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder auch des Totenfürsorgerechts der Tochter nur bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen gewährt wird. Dafür reichte es nicht aus, dass die Mutter der Tochter nicht mitgeteilt hatte, dass die Urne umgebettet wurde und an welchen Ort dies erfolgt ist. Ein solcher Anspruch auf Schmerzensgeld würde nach Auffassung des Gerichts nur in Frage kommen, wenn die Mutter aus sachwidrigen Gründen gehandelt, also ohne legitime eigene Interessen den Verlust der Trauerstätte zu Lasten der Tochter in Kauf genommen hätte. Die Mutter konnte zwar nicht beweisen, dass es der Wille des Verstorbenen war, auf diese Art bestattet zu werden. Auf der anderen Seite konnte die Tochter aber auch nicht beweisen, dass die Mutter aus böswilligen Motiven gehandelt hatte. Daher stand der Tochter auch kein Schmerzensgeld zu.


Hinweis: Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, in einem Testament oder Erbvertrag auch Regelungen zur Bestattung aufzunehmen. Wurde nichts geregelt, obliegt die Entscheidung den sogenannten „Totenfürsorgeberechtigten“. Dies sind die nahen Angehörigen – wie Ehegatten und Kinder – unabhängig davon, ob sie gleichzeitig auch Erben sind. Die Reihenfolge der Berechtigten ist in den Bestattungsgesetzen des jeweiligen Bundeslandes geregelt, wobei Ehegatten Kindern in der Regel vorgehen.



Quelle: LG Krefeld, Urt. v. 24.02.2017 – 1 S 68/16

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Selbstverfasstes Testament: Fehlt es der Erbenbestimmung an Eindeutigkeit, steht der letzte Wille auf wackeligen Füßen

Bei selbstverfassten Testamenten kommt es immer wieder vor, dass Formulierungen gewählt werden, die rechtlich nicht korrekt oder nicht eindeutig genug sind. Die ungewollte Folge: Die Bestimmungen sind unwirksam.


Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament errichtet, in dem es Folgendes festlegte: „Wir bestimmen gegenseitig, dass der Überlebende der Alleinerbe des Verstorbenen sein soll. Nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Ehegatten soll derjenige, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat, der Alleinerbe sein.“ Nach dem Tod des Ehemannes kümmerte sich dessen Bruder um die Frau und half unter anderem bei der Organisation der Beerdigung. Der Bruder der Frau wiederum trat dem entgegen und führte an, dass der Bruder des Mannes die Frau nicht gepflegt habe und er selbst sie auch durch Besuche und Telefonate unterstützt habe.


Das Gericht sah die Bestimmung im Testament als unwirksam an. Sowohl die Begriffe der „Pflege“ und des „Begleitens“ als auch der Zeitraum, auf den sich dies beziehen sollte, waren unklar. Da der Bruder des Mannes die Frau nur allgemein unterstützt hatte, kam er nach jeglicher Deutung nicht als Alleinerbe in Frage.


Hinweis: Der Erblasser muss seine Erben in der letztwilligen Verfügung selbst bestimmen. Der Erbe muss zwar nicht namentlich genannt sein, er muss aber zumindest anhand des Inhalts der Verfügung zuverlässig festgestellt werden können – gegebenenfalls unter Berücksichtigung von außerhalb der Urkunde liegenden Umständen. Bei der Formulierung empfiehlt es sich, rechtskundigen Rat einzuholen, damit der letzte Wille auch tatsächlich wunschgemäß umgesetzt werden kann.



Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 14.11.2016 – 2 Wx 536/16

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Definition der ehelichen Verhältnisse: Auch kurz vor der Scheidung geborene Kinder finden beim Unterhalt Berücksichtigung

Bei der Unterhaltsberechnung wird zunächst der Unterhalt für die minderjährigen Kinder festgelegt, erst danach kommt der Ehegatte an die Reihe. Was gilt, wenn ein Kind nach der Trennung zur Welt kommt, das kein gemeinsames Kind der Ehegatten ist?


Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht Brandenburg auseinanderzusetzen. Aus der Ehe gingen drei gemeinsame Kinder hervor, die bei Trennung alle drei noch minderjährig waren. Sie blieben bei der Mutter. Der Ehemann wurde nach der Trennung, aber noch vor der Scheidung Vater eines weiteren Kindes – und zwar nicht von seiner Nochehefrau. Er machte dennoch geltend, das zunächst der Unterhalt für alle vier Kinder zu bestimmen sei und erst danach ein etwa noch zu zahlender Unterhalt für die Frau aus dem verbleibenden Rest. Die Frau hingegen wendete ein, dass das vierte Kind bei der Frage, welcher Unterhalt ihr zustehe, unberücksichtigt zu bleiben habe. Die Argumentation der Frau klang schlüssig: Ihr Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung bestimme sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Die ehelichen Lebensverhältnisse seien nicht von dem vierten Kind geprägt gewesen, dessen Mutter sie schließlich nicht sei.


Das Gericht folgt ihr jedoch nicht. Zu den ehelichen Lebensverhältnissen gehören demnach auch noch alle Entwicklungen, die bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung eintreten. Unter ehelichen Lebensverhältnissen werden also nicht nur die „ehegemeinsamen“ verstanden – diese enden nicht mit der Trennung, sondern erst mit rechtskräftiger Scheidung. Deshalb konnte die Frau erst nach Berücksichtigung der vier Kinder Unterhalt verlangen.


Hinweis: Der Unterschied hat zur Folge, dass der Frau aufgrund der Geburt des vierten Kindes weniger Unterhalt zusteht. Ein schwacher Trost ist, dass in vielen Fällen die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ohnehin nicht dafür ausreicht, allen Berechtigten den ihnen gebührenden Unterhalt zu zahlen. Der Bedarf der minderjährigen Kinder ist vorrangig zu decken und die Frau hätte hier womöglich ohnehin das Nachsehen.



Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 02.03.2017 – 13 UF 106/15

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Elterliche Sorge: Das Vorleben streng islamischer Werte widerspricht nicht dem Alleinsorgeanspruch

Die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder soll nach Möglichkeit von den Eltern auch gemeinsam ausgeübt werden. Miteinander verheiratete Eltern besitzen diese gemeinsame elterliche Sorge von Gesetzes wegen automatisch. Bei nicht miteinander verheirateten Eltern soll der Vater heutzutage die elterliche Sorge erleichtert miteingeräumt bekommen. Was aber gilt, wenn die Wertevorstellungen der Eltern völlig verschieden (geworden) sind?


Dieser Frage wendete sich das Oberlandesgericht Hamm zu: Die Kindeseltern kannten sich nur kurz, als die Frau schwanger wurde. Der Vater, ein Nigerianer, lebte erst kurze Zeit in Deutschland. Die Mutter ist Deutsche. Verheiratet waren die Eltern nicht, hatten aber eine Erklärung abgegeben, wonach es zur gemeinsamen elterlichen Sorge kam. Alsbald trennten sich die Eltern jedoch wieder. Die Frau beantragte die Übertragung der elterlichen Sorge allein auf sich. Im Laufe des Verfahrens wendete sie sich dem Islam zu. Sie konvertierte, heiratete nach islamischem Recht und trägt seitdem eine Vollverschleierung.


Die elterliche Sorge wurde auf die Frau allein übertragen.


Maßgeblich stellte das Gericht darauf ab, dass das Kind unterdessen seit acht Jahren von der Mutter betreut und erzogen wurde. Kontakt mit dem Vater lehnte das Kind ab. Eine kommunikative Basis zwischen den Eltern fehlte aufgrund der unterschiedlichen Wert- und Erziehungsvorstellungen. Die Freizeitgestaltung des Kindes ist als den kindlichen Bedürfnissen entsprechend festgestellt worden, ebenso liegt die volle soziale Integration vor. Da sich der Kindesvater dagegen nicht einmal beim Verfahrenspfleger für ein Gespräch gemeldet hatte, war die elterliche Sorge auf die Mutter allein zu übertragen.


Hinweis: Die Entscheidung zeigt, dass sich die Rechtsprechung aus der religiösen Orientierung der Eltern nach Möglichkeit heraushält. Der Vater hatte sich schlicht und ergreifend nicht um das Verfahren gekümmert. Die Mutter konnte für sich in Anspruch nehmen, dem Kind Kontinuität zu bieten und es kindgerecht zu erziehen. Die konträre religiöse Ausrichtung der Eltern verhinderte hierbei die gemeinsame elterliche Sorge.



Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 12.05.2017 – II-4 UF 94/16

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Weg mit dem Kram? Nicht abgeholte Gegenstände des Exgatten eigenmächtig einzulagern, kann teuer werden

[:de]Trennen sich Ehegatten, trennen sich nicht nur die Personen. Sie haben auch den Haushalt auseinanderzudividieren. Was ist zu beachten, wenn sich die Beteiligten zwar noch einig werden, wer was bekommen bzw. behalten soll, der aus der Ehewohnung Ausgezogene aber seinen Teil schlicht und ergreifend nicht abholt?

Dieser Frage ging das Berliner Kammergericht nach. Der Fall: Die Ehegatten trennten sich, die Frau verließ die Ehewohnung, nahm beim Auszug aber nicht alle ihre Sachen mit. Einer schriftlichen Aufforderung, dies endlich zu bewerkstelligen, kam sie nicht nach. Der Mann ließ die Sachen der Frau daraufhin einlagern. Damit verbundenen Kosten von rund 1.800 EUR für eine Einlagerung über 1 1/4 Jahre wollte der Mann von seiner Frau erstattet bekommen.

Das Gericht hat den Anspruch versagt. Der Mann hätte die Frau unmittelbar gerichtlich in Anspruch nehmen können, dass sie ihre Gegenstände aus der Wohnung räumt. Denn es gibt ein sogenanntes Wohlverhaltensgebot bezüglich der Ehewohnung in der Trennungszeit, nach dem alles zu unterlassen ist, das die Ausübung des Nutzungsrechts des Wohnungsinhabers erschwert. Wenn unter Bezugnahme auf dieses Wohlverhaltensgebot die Räumung der Wohnung von Gegenständen verlangt wird, kommt es zu einer Prüfung des Einzelfalls. Es ist jedoch nicht zulässig, eigenmächtig „Nägel mit Köpfen zu machen“, d.h. selber zu verfügen und danach die damit verbundenen Kosten erstattet zu verlangen.

Hinweis: Das Problem bei Trennung zurückgelassener Gegenstände tritt in der Praxis häufig auf. Verständlich ist, dass ein Ehegatte, der mit der Trennung vielleicht zunächst in eine kleine und günstige Wohnung zieht, zunächst ganz einfach nicht den Platz hat, um seine Sachen alle zu sich zu nehmen. Wenn sich diese Situation dann aber hinzieht, kommt auch Verständnis für den anderen Ehegatten auf, der den „Ballast“ auch irgendwann einmal los sein möchte. Selbstbewusst eigenmächtig zu handeln kann – die Entscheidung zeigt es – jedoch Probleme nach sich ziehen.

Quelle: KG, Beschl. v. 07.03.2017 – 18 UF 118/16

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Trennen sich Ehegatten, trennen sich nicht nur die Personen. Sie haben auch den Haushalt auseinanderzudividieren. Was ist zu beachten, wenn sich die Beteiligten zwar noch einig werden, wer was bekommen bzw. behalten soll, der aus der Ehewohnung Ausgezogene aber seinen Teil schlicht und ergreifend nicht abholt?


Dieser Frage ging das Berliner Kammergericht nach. Der Fall: Die Ehegatten trennten sich, die Frau verließ die Ehewohnung, nahm beim Auszug aber nicht alle ihre Sachen mit. Einer schriftlichen Aufforderung, dies endlich zu bewerkstelligen, kam sie nicht nach. Der Mann ließ die Sachen der Frau daraufhin einlagern. Damit verbundenen Kosten von rund 1.800 EUR für eine Einlagerung über 1 1/4 Jahre wollte der Mann von seiner Frau erstattet bekommen.


Das Gericht hat den Anspruch versagt. Der Mann hätte die Frau unmittelbar gerichtlich in Anspruch nehmen können, dass sie ihre Gegenstände aus der Wohnung räumt. Denn es gibt ein sogenanntes Wohlverhaltensgebot bezüglich der Ehewohnung in der Trennungszeit, nach dem alles zu unterlassen ist, das die Ausübung des Nutzungsrechts des Wohnungsinhabers erschwert. Wenn unter Bezugnahme auf dieses Wohlverhaltensgebot die Räumung der Wohnung von Gegenständen verlangt wird, kommt es zu einer Prüfung des Einzelfalls. Es ist jedoch nicht zulässig, eigenmächtig „Nägel mit Köpfen zu machen“, d.h. selber zu verfügen und danach die damit verbundenen Kosten erstattet zu verlangen.


Hinweis: Das Problem bei Trennung zurückgelassener Gegenstände tritt in der Praxis häufig auf. Verständlich ist, dass ein Ehegatte, der mit der Trennung vielleicht zunächst in eine kleine und günstige Wohnung zieht, zunächst ganz einfach nicht den Platz hat, um seine Sachen alle zu sich zu nehmen. Wenn sich diese Situation dann aber hinzieht, kommt auch Verständnis für den anderen Ehegatten auf, der den „Ballast“ auch irgendwann einmal los sein möchte. Selbstbewusst eigenmächtig zu handeln kann – die Entscheidung zeigt es – jedoch Probleme nach sich ziehen. 



Quelle: KG, Beschl. v. 07.03.2017 – 18 UF 118/16

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Rechtsanwalt München

Bestimmung des Endvermögens: Ein verfrühter Scheidungsantrag hat güterrechtliche Folgen

[:de]In den allermeisten Fällen ist der Ablauf eines Trennungsjahres Voraussetzung dafür, dass eine Ehe geschieden werden kann. Das heißt nicht, dass ein Scheidungsantrag erst dann gestellt werden darf, sobald das Trennungsjahr abgelaufen ist. Das Jahr muss nur verstrichen sein, wenn bei Gericht über die Scheidung entschieden wird. Was passiert aber, wenn der Antrag deutlich zu früh eingereicht wird?

Dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) wurde dazu ein Fall vorgelegt. Der Mann machte geltend, sich innerhalb der ehelichen Wohnung am 1.4.2012 getrennt zu haben. Den Scheidungsantrag ließ er seiner Frau am 11.3.2013 zustellen. Diese widersprach und gab den 5.11.2012 als Trennungszeitpunkt an. Wäre nun vor dem 5.11.2012 verhandelt worden, hätte das Gericht demnach den Scheidungsantrag des Mannes abgewiesen, weil das Trennungsjahr dann noch nicht abgelaufen gewesen wäre. Nach längeren gerichtlichen Auseinandersetzungen kam das Gericht auch durchaus zu dem Ergebnis, dass der Frau und nicht dem Mann hinsichtlich des Trennungszeitpunkts zu glauben war. Da unterdessen aber der 5.11.2013 verstrichen war, lagen auch unter Beachtung der Darstellung der Frau nunmehr die Voraussetzungen für eine Scheidung vor.

Nur – und darum entbrannte ein Streit – welche Folgen hatte diese Situation güterrechtlich? Im Güterrecht ist der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags automatisch auch der Tag, auf den sich die Bestimmung des Endvermögens bezieht. Dem gegenübergestellt wird das Vermögen bei Eheschließung, das Anfangsvermögen. Die Differenz beider Beträge ist der Zugewinn, der für jeden Ehegatten getrennt zu ermitteln ist. Die Hälfte der Differenz des jeweiligen Zugewinns ist auszugleichen. Gilt nun auch dann der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags als der für die Berechnung des Endvermögens maßgebliche Tag, wenn der Antrag (viel) zu früh eingereicht wurde? Das OLG beantwortet die Frage mit einem klaren „ja“.

Hinweis: Güterrechtliche Fragen sind oft komplex. Sie sollten mit fachkundiger Beratung bearbeitet werden.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.09.2016 – II-7 UF 114/15

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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In den allermeisten Fällen ist der Ablauf eines Trennungsjahres Voraussetzung dafür, dass eine Ehe geschieden werden kann. Das heißt nicht, dass ein Scheidungsantrag erst dann gestellt werden darf, sobald das Trennungsjahr abgelaufen ist. Das Jahr muss nur verstrichen sein, wenn bei Gericht über die Scheidung entschieden wird. Was passiert aber, wenn der Antrag deutlich zu früh eingereicht wird?


Dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) wurde dazu ein Fall vorgelegt. Der Mann machte geltend, sich innerhalb der ehelichen Wohnung am 1.4.2012 getrennt zu haben. Den Scheidungsantrag ließ er seiner Frau am 11.3.2013 zustellen. Diese widersprach und gab den 5.11.2012 als Trennungszeitpunkt an. Wäre nun vor dem 5.11.2012 verhandelt worden, hätte das Gericht demnach den Scheidungsantrag des Mannes abgewiesen, weil das Trennungsjahr dann noch nicht abgelaufen gewesen wäre. Nach längeren gerichtlichen Auseinandersetzungen kam das Gericht auch durchaus zu dem Ergebnis, dass der Frau und nicht dem Mann hinsichtlich des Trennungszeitpunkts zu glauben war. Da unterdessen aber der 5.11.2013 verstrichen war, lagen auch unter Beachtung der Darstellung der Frau nunmehr die Voraussetzungen für eine Scheidung vor.


Nur – und darum entbrannte ein Streit – welche Folgen hatte diese Situation güterrechtlich? Im Güterrecht ist der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags automatisch auch der Tag, auf den sich die Bestimmung des Endvermögens bezieht. Dem gegenübergestellt wird das Vermögen bei Eheschließung, das Anfangsvermögen. Die Differenz beider Beträge ist der Zugewinn, der für jeden Ehegatten getrennt zu ermitteln ist. Die Hälfte der Differenz des jeweiligen Zugewinns ist auszugleichen. Gilt nun auch dann der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags als der für die Berechnung des Endvermögens maßgebliche Tag, wenn der Antrag (viel) zu früh eingereicht wurde? Das OLG beantwortet die Frage mit einem klaren „ja“.


Hinweis: Güterrechtliche Fragen sind oft komplex. Sie sollten mit fachkundiger Beratung bearbeitet werden.



Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.09.2016 – II-7 UF 114/15

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Rechtsanwalt München

Erbvertrag ohne Rücktrittsrecht: Nur nachweisbare schwere Verfehlungen entbinden von getroffenen Vereinbarungen

Erbverträge werden häufig in Erwartung einer bestimmten Gegenleistung geschlossen. Wird diese Erwartung nicht erfüllt, stellt sich – wie bei gemeinschaftlichen Testamenten auch – immer wieder die Frage, wie man die bindend getroffene Vereinbarung rückgängig machen kann.


Ein Ehepaar hatte einen notariellen Erbvertrag geschlossen, in dem sich die Ehepartner gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Nach über 50 Jahren erklärte der Erblasser den Rücktritt von diesem Vertrag und setzte in einem privatschriftlichen Testament die gemeinsamen Kinder zu seinen Erben ein. Kurz darauf verstarb er. Nun stritten Ehefrau und Kinder um das Erbe.


Das Gericht entschied, dass der Ehemann nicht wirksam von dem Erbvertrag zurückgetreten war. Ein Rücktritt vom Erbvertrag wegen Verfehlungen des Vertragspartners ist nur wirksam, wenn entsprechende Verfehlungen nachgewiesen werden, die auch die Entziehung des Pflichtteils rechtfertigen würden. Die Söhne führten zwar an, dass die Ehefrau über Jahre hinweg größere Geldbeträge von dem Konto des Ehemannes für sich verwandt hatte. Jedoch konnten sie nicht nachweisen, dass dies eine Straftat darstellte und nicht auf Vereinbarungen zwischen den Ehepartnern beruhte.


Hinweis: Es empfiehlt sich, im Erbvertrag ausdrücklich ein Rücktrittsrecht zu vereinbaren – etwa für den Fall, dass bestimmte Verpflichtungen, wie zum Beispiel die Pflege des Vertragspartners, nicht eingehalten werden. Wurde kein vertragliches Rücktrittsrecht vereinbart, besteht ein gesetzliches Rücktrittsrecht nur in den engen Grenzen, die auch für die Entziehung des Pflichtteils gelten – also vorsätzliche körperliche Misshandlung, Verbrechen oder sonstige schwere Verfehlungen des Vertragspartners.



Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 03.07.2017 – 2 Wx 147/17

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

Rechtsanwalt München

Abstammungsklärung: Die Stellung als Vater wieder loszuwerden, ist nicht einfach

[:de]Bringt eine verheiratete Frau ein Kind zur Welt, gilt ihr Mann automatisch als Vater des Kindes. Wird das Kind einer nicht verheirateten Frau geboren, bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung oder Feststellung zur Begründung der Vaterschaft. Die Frage, ob man eine Vaterschaft auch wieder loswird, beschäftigte den Bundesgerichtshof (BGH).

Wer als rechtlicher, jedoch nicht leiblicher Vater eines Kindes gilt, kann die Vaterschaft anfechten, sobald er von ihm bisher unbekannten Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Aber: Ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung gilt eine Frist von zwei Jahren, um eine solche Anfechtung gerichtlich zu betreiben. Ist die Frist verstrichen, bleibt der rechtliche Vater der Vater – selbst wenn noch so eindeutig feststeht, dass die tatsächliche Situation nicht mit der rechtlichen in Einklang steht.

Unabhängig davon kann der Vater – auch nach Ablauf der Zweijahresfrist – vom Kind und der Mutter verlangen, dass eine genetische Abstammungsuntersuchung durchgeführt wird, um die leibliche Abstammung zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist dann allerdings ohne rechtliche Bedeutung.

Im BGH-Fall hatte ein kinderlos verheirateter Türke mit starkem Kinderwunsch den Sohn eines mit ihm verwandten Ehepaars zu sich genommen und durch Falschangaben im türkischen Geburtenregister als sein Kind eintragen lassen. Die Geburtsurkunde des Kindes wies den Mann, der mit seiner Frau und „seinem“ Kind in Deutschland lebte, ebenso als Vater aus. Dann wurde seine Ehe jedoch geschieden, er heiratete erneut und bekam nun vier „weitere“ Kinder. Er betrieb daraufhin das Verfahren zur Einwilligung zur genetischen Abstammungsuntersuchung.

Das Verfahren verlor er. Als Vater des Kindes könne er ein solches Verfahren zwar betreiben – er ist aber nicht der Vater. Da er das Kind einer verheirateten Frau zu sich genommen hatte, gilt deren Mann als Vater, nicht er. Dass er das Geburtsregister „erfolgreich“ gefälscht hatte, ändert daran natürlich nichts.

Hinweis: Erfreulicherweise ist dieser Fall ein Beispiel dafür, dass einem Fälschungen nicht weiterhelfen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 26.07.2017 – XII ZB 125/17

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Bringt eine verheiratete Frau ein Kind zur Welt, gilt ihr Mann automatisch als Vater des Kindes. Wird das Kind einer nicht verheirateten Frau geboren, bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung oder Feststellung zur Begründung der Vaterschaft. Die Frage, ob man eine Vaterschaft auch wieder loswird, beschäftigte den Bundesgerichtshof (BGH).


Wer als rechtlicher, jedoch nicht leiblicher Vater eines Kindes gilt, kann die Vaterschaft anfechten, sobald er von ihm bisher unbekannten Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Aber: Ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung gilt eine Frist von zwei Jahren, um eine solche Anfechtung gerichtlich zu betreiben. Ist die Frist verstrichen, bleibt der rechtliche Vater der Vater – selbst wenn noch so eindeutig feststeht, dass die tatsächliche Situation nicht mit der rechtlichen in Einklang steht.


Unabhängig davon kann der Vater – auch nach Ablauf der Zweijahresfrist – vom Kind und der Mutter verlangen, dass eine genetische Abstammungsuntersuchung durchgeführt wird, um die leibliche Abstammung zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist dann allerdings ohne rechtliche Bedeutung.


Im BGH-Fall hatte ein kinderlos verheirateter Türke mit starkem Kinderwunsch den Sohn eines mit ihm verwandten Ehepaars zu sich genommen und durch Falschangaben im türkischen Geburtenregister als sein Kind eintragen lassen. Die Geburtsurkunde des Kindes wies den Mann, der mit seiner Frau und „seinem“ Kind in Deutschland lebte, ebenso als Vater aus. Dann wurde seine Ehe jedoch geschieden, er heiratete erneut und bekam nun vier „weitere“ Kinder. Er betrieb daraufhin das Verfahren zur Einwilligung zur genetischen Abstammungsuntersuchung.


Das Verfahren verlor er. Als Vater des Kindes könne er ein solches Verfahren zwar betreiben – er ist aber nicht der Vater. Da er das Kind einer verheirateten Frau zu sich genommen hatte, gilt deren Mann als Vater, nicht er. Dass er das Geburtsregister „erfolgreich“ gefälscht hatte, ändert daran natürlich nichts.


Hinweis: Erfreulicherweise ist dieser Fall ein Beispiel dafür, dass einem Fälschungen nicht weiterhelfen.



Quelle: BGH, Beschl. v. 26.07.2017 – XII ZB 125/17

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 11/2017)

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Rechtsanwalt München

Betreuungsleistung entfällt: Mit Eintritt in die Volljährigkeit muss der Unterhalt des Kindes neu berechnet werden

Trennen sich Ehegatten, ist unter anderem der Kindesunterhalt zu regeln. Meist sind die Kinder zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig. Der Elternteil, bei dem die Kinder leben, leistet seinerseits den Unterhaltsbeitrag durch die Betreuung der Kinder, der andere Teil zahlt. Was passiert, wenn die Kinder volljährig werden und der Betreuungsbedarf entfällt?


Im Gesetz ist geregelt, dass die Betreuung eines minderjährigen Kindes durch einen Elternteil den gleichen Wert hat wie die Zahlung von Unterhalt. Das bedeutet, dass es beim minderjährigen Kind zumeist nicht darauf ankommt, was der betreuende Elternteil verdient – der Unterhalt wird allein anhand der Einkünfte des unterhaltspflichtigen Elternteils bestimmt. Mit Eintritt der Volljährigkeit entfällt jedoch gemäß Gesetz der Betreuungsunterhalt. Das bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt beide Elternteile zur Zahlung von Unterhalt heranzuziehen sind. Etwa noch erfolgende Betreuungsleistungen sind nicht mehr zu beachten.


Aus diesem Grund hat mit Eintritt der Volljährigkeit eine Neubestimmung des Kindesunterhalts zu erfolgen. Etwa vorher erfolgte Unterhaltstitulierungen – sei es in der Form von Jugendamtsurkunden oder in der Form gerichtlicher oder sonstiger Beschlüsse – verlieren nicht ihre Gültigkeit. Es können aber deren Überprüfung sowie etwaige Änderung verlangt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Ende 2016 verkündeten Entscheidung ausdrücklich klargestellt.


Es ist dabei laut BGH die Aufgabe des unterhaltsberechtigten und jetzt volljährigen Kindes, die Höhe des Einkommens jenes Elternteils darzulegen und zu beweisen, der bisher wegen der Betreuung keinen Unterhalt zahlen musste. Das gilt unabhängig davon, ob das Kind nach Eintritt der Volljährigkeit mehr Unterhalt für sich in Anspruch nehmen oder der bisher allein zahlungspflichtige Elternteil geltend machen möchte, ab sofort weniger Unterhalt zahlen zu müssen.


Hinweis: Wegen weiterer Unterschiede zwischen dem für Minderjährige oder Volljährige zu zahlenden Unterhalts ist es ratsam, rechtzeitig fachkundigen Rat einzuholen.



Quelle: BGH, Beschl. v. 07.12.2016 – XII ZB 422/15

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 10/2017)