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[:de]Testament statt Teilungsanordnung: Erblassern steht eine ungleichmäßige Berücksichtigung ihrer Kinder zu deren Nachteil zu[:en]No translation available[:]

[:de]Weist ein Erblasser in seinem Testament bestimmte Vermögenswerte den einzelnen Erben zu, stellt sich immer wieder die Frage, ob dies als Erbeinsetzung, als Vermächtnis oder als Teilungsanordnung zu verstehen ist.

Eine verwitwete Frau erstellte ein notarielles Testament, in dem sie ihre drei Kinder zu gleichen Teilen als Erben einsetzte. Kurz darauf verfasste sie noch ein privatschriftliches Testament, in dem sie das notarielle Testament widerrief und genau ausführte, welche Grundstücke welches Kind bekommen solle und dass das Barvermögen zu gleichen Teilen aufzuteilen sei. Zwei der Kinder – die Söhne – beantragten nach dem Tod der Frau einen Erbschein, der sie als Erben zu jeweils ca. 42 % auswies, während das dritte Kind – eine Tochter – ca. 16 % erhalten sollte. Dies ergab sich aus dem Wert der im privatschriftlichen Testament zugedachten Grundstücke. Die Tochter wehrte sich dagegen und trug vor, dass das privatschriftliche Testament nur als Teilungsanordnung zu verstehen sei, die Mutter alle drei Kinder gleich bedenken wollte und dieser einfach nicht klar gewesen sei, dass die Zuweisung der einzelnen Grundstücke zu einem erheblichen Wertunterschied führen würde.

Das Gericht sah das allerdings anders. Es führte aus, dass das notarielle Testament wirksam widerrufen wurde und dass davon auszugehen ist, dass die Frau auch den Wert des größten vererbten Grundstücks kannte, da sie es in der Vergangenheit hatte schätzen lassen. Nach Auffassung des Gerichts lag auch keine Teilungsanordnung vor, da ein Wille, die Kinder ungeachtet der Zuordnung konkreter Gegenstände weiterhin zu je einem Drittel als Erben einzusetzen, im privatschriftlichen Testament nicht deutlich wird. Hätte die Frau das gewollt, hätte es nahegelegen, die Tochter beim Barvermögen entsprechend stärker zu bedenken oder jedenfalls eine Pflicht zum Ausgleich unter den Geschwistern ausdrücklich festzuhalten. Wenn ein Erblasser durch eine letztwillige Verfügung seine gesamten Vermögensgegenstände einzeln und in unterschiedlichem Wert seinen Kindern zugewendet hat, ist zudem regelmäßig von der Anordnung unterschiedlicher Erbquoten und nicht von der Anordnung von Vorausvermächtnissen bei gleichen Erbquoten auszugehen.

Hinweis: Mit einer Teilungsanordnung kann ein Erblasser bestimmen, wie und an wen bestimmte Nachlassgegenstände verteilt werden sollen. Die Teilungsanordnung verändert aber nicht die Erbquoten der Erben. Erhält ein Miterbe aufgrund der Teilungsanordnung einen bestimmten Nachlassgegenstand, dessen Wert höher ist als seine Erbquote, muss er den Mehrwert gegenüber seinen Miterben ausgleichen. Eine „wertverschiebende“ Teilungsanordnung gibt es also nicht. Soll ein Miterbe also bevorzugt werden, kann der Erblasser ihm ein Vorausvermächtnis zuwenden, das er vor Teilung des Nachlasses erhält und das den gesamten Nachlass somit im Wert verringert.

Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.06.2018 – 8 W 198/16

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 09/2018)

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Grenzüberschreitender Nachlass: Entscheidungen in Erbsachen obliegen dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsorts

[:de]Häufig haben erbrechtliche Angelegenheiten einen grenzüberschreitenden Bezug – etwa wenn der Nachlass sich in verschiedenen Ländern befindet oder der Erblasser eine andere Staatsangehörigkeit hat, aber in Deutschland lebt. Für die Regelung solcher Sachverhalte gibt es in den EU-Mitgliedstaaten die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Die EuErbVO trifft dabei keine eigenen inhaltlichen Regelungen, sie bestimmt nur, welche nationale Erbrechtrechtsordnung auf einen Erbfall mit EU-Auslandsbezug zur Anwendung kommt.

Der Erblasser war französischer Staatsbürger, der in Frankreich lebte. Er hinterließ seinen beiden Söhnen einen Nachlass, der sich sowohl in Frankreich als auch in Deutschland befand. Einer der Söhne beantragte daraufhin beim Berliner Amtsgericht Schöneberg die Ausstellung eines auf die in Deutschland befindlichen Nachlassgegenstände beschränkten Erbscheins. Das Gericht lehnte dies jedoch ab, da es der Ansicht war, dass die Gerichte in Frankreich dafür zuständig seien, da der Erblasser eben dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Der Fall landete beim Europäischen Gerichtshof, der entschied, dass die Zuständigkeitsregelung in der EuErbVO für den gesamten Nachlass gilt – somit auch für solche Verfahren, die nicht zum Erlass einer judiziellen Entscheidung führen. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Erbfolge und entspricht dem Gedanken der EuErbVO von der Schaffung einer einheitlichen Regelung für Erbfälle mit grenzüberschreitendem Bezug sowohl bei streitigen als auch bei außerstreitigen Verfahren.

Hinweis: Die EuErbVO sieht vor, dass für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. In der Rechtsprechung war jedoch bislang umstritten, ob der Begriff „Entscheidungen“ auch die Ausstellung nationaler Nachlasszeugnisse wie Erbscheine oder Testamentsvollstreckerzeugnisse umfasst.

Quelle: EuGH, Urt. v. 21.06.2018 – C-20/17

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 09/2018)

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Häufig haben erbrechtliche Angelegenheiten einen grenzüberschreitenden Bezug – etwa wenn der Nachlass sich in verschiedenen Ländern befindet oder der Erblasser eine andere Staatsangehörigkeit hat, aber in Deutschland lebt. Für die Regelung solcher Sachverhalte gibt es in den EU-Mitgliedstaaten die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Die EuErbVO trifft dabei keine eigenen inhaltlichen Regelungen, sie bestimmt nur, welche nationale Erbrechtrechtsordnung auf einen Erbfall mit EU-Auslandsbezug zur Anwendung kommt.


Der Erblasser war französischer Staatsbürger, der in Frankreich lebte. Er hinterließ seinen beiden Söhnen einen Nachlass, der sich sowohl in Frankreich als auch in Deutschland befand. Einer der Söhne beantragte daraufhin beim Berliner Amtsgericht Schöneberg die Ausstellung eines auf die in Deutschland befindlichen Nachlassgegenstände beschränkten Erbscheins. Das Gericht lehnte dies jedoch ab, da es der Ansicht war, dass die Gerichte in Frankreich dafür zuständig seien, da der Erblasser eben dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.


Der Fall landete beim Europäischen Gerichtshof, der entschied, dass die Zuständigkeitsregelung in der EuErbVO für den gesamten Nachlass gilt – somit auch für solche Verfahren, die nicht zum Erlass einer judiziellen Entscheidung führen. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Erbfolge und entspricht dem Gedanken der EuErbVO von der Schaffung einer einheitlichen Regelung für Erbfälle mit grenzüberschreitendem Bezug sowohl bei streitigen als auch bei außerstreitigen Verfahren.


Hinweis: Die EuErbVO sieht vor, dass für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. In der Rechtsprechung war jedoch bislang umstritten, ob der Begriff „Entscheidungen“ auch die Ausstellung nationaler Nachlasszeugnisse wie Erbscheine oder Testamentsvollstreckerzeugnisse umfasst.



Quelle: EuGH, Urt. v. 21.06.2018 – C-20/17

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 09/2018)

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Breaking News: Portugal – Residence permit for EU-Schengen countries through secured investment

[:de]Portugal’s Golden Resident Permit Program allows unlimited travelling in all EU-Schengen countries, if applicants meet (or exceed) a minimum stay of only seven days (for the first year) and 14 days during the subsequent two years periods. Legal Alliance of-counsel in Portugal can assist effectively, also in searching and suggesting the adequate investment. weiterlesen

Breaking News: Cyprus – low taxes and fast procedure of approval of residency and citizenship applications make this EU country the favorite destination for investors from third countries

[:de]Cypress is not only a preferred tourist destination. The island state offers the fastest possible EU-citizenship, the lowest possible taxes and free trade within the EU for any investor from third countries. Legal Alliance of-counsel attorney in Cyprus can assist effectively, also in finding tailor made investments. weiterlesen

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Die 16-jährige Braut: Aufhebungsregeln scheitern am Bestandsschutz der Ehe einer minderjährigen EU-Bürgerin

[:de]In der Regel kann in Deutschland erst ab dem 18. Lebensjahr geheiratet werden. Mit ausdrücklicher gerichtlicher Erlaubnis kann eine Ehe jedoch auch schon ab dem 16. Lebensjahr geschlossen werden. Ohne gerichtliche Erlaubnis geschlossene Ehen können durch behördlichen Akt aufgehoben werden – es sei denn, es liegt ein Fall schwerer Härte vor. Wann dies der Fall sein kann, hatte im folgenden Fall das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) zu befinden.

Ein 22 Jahre alter Rumäne und eine 16 Jahre alte Rumänin heirateten Mitte 2017. Die junge Frau war zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger. Der Mann lebte mit seiner Familie in Deutschland, wo die Frau auch ihr Kind bekam und sich einlebte. Die Eheschließung war zwar ohne Zwang erfolgt, sollte nun in Deutschland jedoch wegen der Minderjährigkeit der Frau durch die Behörde aufgehoben werden. Dagegen wehrte sie sich gemeinsam mit der ganzen Familie. Und das OLG gab ihnen Recht.

Die Aufhebungsregeln hätten vor allem den Sinn, im Ausland unter Druck zustande gekommene Ehen zum Schutz Minderjähriger wieder aufzulösen. Diese Aufhebung habe aber dann zu unterbleiben, wenn sich dadurch für den minderjährigen Ehegatten eine so schwerwiegende Härte ergeben würde, dass eine Aufrechterhaltung vielmehr geboten ist. Eine schwere Erkrankung mit der in Deutschland besseren Möglichkeit der Heilung sieht das Gericht als einen solchen Fall an. Aber es ist auch zu sehen, dass Rumänen – wie im hier relevanten Fall – innerhalb der EU das sogenannte Freizügigkeitsrecht zusteht. In dieses würde nicht nur eingegriffen, es würde der Frau sogar versagt werden, würde die Ehe aufgehoben werden. Und genau das ist nicht zulässig, zumal das EU-Recht dem deutschen Recht vorgeht. Es ist als schwerwiegende Härte anzusehen, wenn als Folge einer Aufhebung der Ehe der Rumänin das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU betreffend Deutschland genommen wird. Deshalb wurde es in diesem Fall untersagt, die Ehe aufzuheben.

Hinweis: Ganz sicher scheint nicht, ob die Entscheidung argumentativ vollends durchdacht ist, mag sie auch im Ergebnis verständlich und sinnvoll sein. Zu sehen ist aber jedenfalls, dass das europäische Recht erheblichen Einfluss auf das deutsche Recht nimmt – vor allem auch in Dingen des täglichen Lebens.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 18.04.2018 – 13 UF 23/18

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 08/2018)

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In der Regel kann in Deutschland erst ab dem 18. Lebensjahr geheiratet werden. Mit ausdrücklicher gerichtlicher Erlaubnis kann eine Ehe jedoch auch schon ab dem 16. Lebensjahr geschlossen werden. Ohne gerichtliche Erlaubnis geschlossene Ehen können durch behördlichen Akt aufgehoben werden – es sei denn, es liegt ein Fall schwerer Härte vor. Wann dies der Fall sein kann, hatte im folgenden Fall das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) zu befinden.


Ein 22 Jahre alter Rumäne und eine 16 Jahre alte Rumänin heirateten Mitte 2017. Die junge Frau war zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger. Der Mann lebte mit seiner Familie in Deutschland, wo die Frau auch ihr Kind bekam und sich einlebte. Die Eheschließung war zwar ohne Zwang erfolgt, sollte nun in Deutschland jedoch wegen der Minderjährigkeit der Frau durch die Behörde aufgehoben werden. Dagegen wehrte sie sich gemeinsam mit der ganzen Familie. Und das OLG gab ihnen Recht.


Die Aufhebungsregeln hätten vor allem den Sinn, im Ausland unter Druck zustande gekommene Ehen zum Schutz Minderjähriger wieder aufzulösen. Diese Aufhebung habe aber dann zu unterbleiben, wenn sich dadurch für den minderjährigen Ehegatten eine so schwerwiegende Härte ergeben würde, dass eine Aufrechterhaltung vielmehr geboten ist. Eine schwere Erkrankung mit der in Deutschland besseren Möglichkeit der Heilung sieht das Gericht als einen solchen Fall an. Aber es ist auch zu sehen, dass Rumänen – wie im hier relevanten Fall – innerhalb der EU das sogenannte Freizügigkeitsrecht zusteht. In dieses würde nicht nur eingegriffen, es würde der Frau sogar versagt werden, würde die Ehe aufgehoben werden. Und genau das ist nicht zulässig, zumal das EU-Recht dem deutschen Recht vorgeht. Es ist als schwerwiegende Härte anzusehen, wenn als Folge einer Aufhebung der Ehe der Rumänin das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU betreffend Deutschland genommen wird. Deshalb wurde es in diesem Fall untersagt, die Ehe aufzuheben.


Hinweis: Ganz sicher scheint nicht, ob die Entscheidung argumentativ vollends durchdacht ist, mag sie auch im Ergebnis verständlich und sinnvoll sein. Zu sehen ist aber jedenfalls, dass das europäische Recht erheblichen Einfluss auf das deutsche Recht nimmt – vor allem auch in Dingen des täglichen Lebens.



Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 18.04.2018 – 13 UF 23/18

zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 08/2018)

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Nachweis im Grundbuchverfahren: Die Vorlage von Klageschrift und Urteil belegt die Inanspruchnahme des Pflichtteils

[:de]Sind Immobilien Teil der Erbmasse, müssen die durch die Erbschaft entstandenen neuen Eigentumsverhältnisse auch im Grundbuch geändert werden. Dazu ist es jedoch erforderlich, den neuen Status dem Grundbuchamt nachzuweisen.

Eine Frau hatte in ihrem Testament angeordnet, dass ihre Söhne nicht Nacherben werden sollten, sobald einer der Söhne oder beide Söhne bzw. deren Abkömmlinge ihre Pflichtteilsansprüche geltend machen. Dies wurde als Nacherbenvermerk auch für ein Grundstück, das zum Erbe gehörte, ins Grundbuch eingetragen. Die Tochter und Vorerbin des Grundstücks wollte dann diesen Vermerk löschen lassen, da die Bedingung für den Eintritt des Nacherbfalls nicht eingetreten ist. Sie legte dem Grundbuch die beglaubigte Abschrift eines Gerichtsprotokolls vor, in dem ein Vergleich zwischen ihr und dem einen Bruder protokolliert war, sowie eine beglaubigte Kopie der Klageschrift und ein Anerkenntnisurteil aus dem Rechtsstreit mit dem anderen Bruder. Damit war nach ihrer Auffassung belegt, dass die Nacherben ihre Pflichtteilsansprüche geltend gemacht hätten und das Grundbuch daher unrichtig sei. Dem Grundbuchamt reichte dies jedoch nicht aus, da aus den Unterlagen nicht hervorginge, ob die Brüder den vollständigen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht hätten.

Das Gericht gab der Tochter jedoch Recht. Das Grundbuchamt darf zwar grundsätzlich Testamente prüfen und auslegen. Hier spricht der Wortlaut des Testaments „ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen“ dafür, dass schon der ausdrückliche und ernsthafte gerichtliche oder außergerichtliche Versuch, den Pflichtteil zu erhalten, sanktioniert ist – und das unabhängig davon, ob der Fordernde den Pflichtteil auch tatsächlich erhält. Da zudem keine anderweitige Möglichkeit besteht, den Wegfall der Bedingung für die Nacherbschaft nachzuweisen, kann hier die öffentlich beglaubigte Kopie einer Klageschrift auch hinsichtlich des Inhalts des geltend gemachten Anspruchs als ausreichend angesehen werden.

Hinweis: Eintragungen ins Grundbuch dürfen nur vorgenommen werden, wenn sie durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Der Nachweis der Geltendmachung von Ansprüchen lässt sich allerdings in der Regel nicht in dieser Form führen, so dass auch der Nachweis durch andere Urkunden, teilweise sogar im Freibeweisverfahren, zugelassen wird.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 23.05.2018 – 34 Wx 385/17

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 08/2018)

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Sind Immobilien Teil der Erbmasse, müssen die durch die Erbschaft entstandenen neuen Eigentumsverhältnisse auch im Grundbuch geändert werden. Dazu ist es jedoch erforderlich, den neuen Status dem Grundbuchamt nachzuweisen.


Eine Frau hatte in ihrem Testament angeordnet, dass ihre Söhne nicht Nacherben werden sollten, sobald einer der Söhne oder beide Söhne bzw. deren Abkömmlinge ihre Pflichtteilsansprüche geltend machen. Dies wurde als Nacherbenvermerk auch für ein Grundstück, das zum Erbe gehörte, ins Grundbuch eingetragen. Die Tochter und Vorerbin des Grundstücks wollte dann diesen Vermerk löschen lassen, da die Bedingung für den Eintritt des Nacherbfalls nicht eingetreten ist. Sie legte dem Grundbuch die beglaubigte Abschrift eines Gerichtsprotokolls vor, in dem ein Vergleich zwischen ihr und dem einen Bruder protokolliert war, sowie eine beglaubigte Kopie der Klageschrift und ein Anerkenntnisurteil aus dem Rechtsstreit mit dem anderen Bruder. Damit war nach ihrer Auffassung belegt, dass die Nacherben ihre Pflichtteilsansprüche geltend gemacht hätten und das Grundbuch daher unrichtig sei. Dem Grundbuchamt reichte dies jedoch nicht aus, da aus den Unterlagen nicht hervorginge, ob die Brüder den vollständigen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht hätten.


Das Gericht gab der Tochter jedoch Recht. Das Grundbuchamt darf zwar grundsätzlich Testamente prüfen und auslegen. Hier spricht der Wortlaut des Testaments „ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen“ dafür, dass schon der ausdrückliche und ernsthafte gerichtliche oder außergerichtliche Versuch, den Pflichtteil zu erhalten, sanktioniert ist – und das unabhängig davon, ob der Fordernde den Pflichtteil auch tatsächlich erhält. Da zudem keine anderweitige Möglichkeit besteht, den Wegfall der Bedingung für die Nacherbschaft nachzuweisen, kann hier die öffentlich beglaubigte Kopie einer Klageschrift auch hinsichtlich des Inhalts des geltend gemachten Anspruchs als ausreichend angesehen werden.


Hinweis: Eintragungen ins Grundbuch dürfen nur vorgenommen werden, wenn sie durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Der Nachweis der Geltendmachung von Ansprüchen lässt sich allerdings in der Regel nicht in dieser Form führen, so dass auch der Nachweis durch andere Urkunden, teilweise sogar im Freibeweisverfahren, zugelassen wird.



Quelle: OLG München, Beschl. v. 23.05.2018 – 34 Wx 385/17

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 08/2018)

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